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Haarausfall in der Menopause: Was tun?

Haarausfall kann ganz schön am Ego nagen – auch Nacktkatzen wünscht man ein dickes Fell.
 | © Cliqueimages, Getty Images
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Haarausfall kann ganz schön am Ego nagen – auch Nacktkatzen wünscht man ein dickes Fell.

Lachfältchen als Reifezeichen? Okay! Aber wenn das einst kräftige Haar in der Menopause ausdünnt, hört der Spaß auf. Was man dagegen tun kann? Wir geben Ihnen die besten Ratschläge von Haar-Experten.

Ihre Jeans leuchten im gleichen klaren Blau wie ihre Augen: Enna Hagen ist 55, eine attraktive, unkomplizierte Frau. Kosmetik interessiert die Leiterin einer Kindertagesstätte eher wenig, aber dennoch blättert sie seit Kurzem mit großem Interesse die Beauty-Seiten der Frauenzeitschriften durch. Es tut sich nämlich etwas, das Enna aus der Ruhe bringt: Ihre einst üppige Mähne schwindet. Still und leise, jeden Tag ein Stückchen mehr.

Es liegt oft an den Hormonen, auch an der Ernährung

„Ich hatte immer tolle, kräftige Haare, eher zu viel als zu wenig“, erzählt die Lübeckerin. Man glaubt ihr das gerne, denn ihr Salz-und-Pfeffer-Bob sieht auch heute prima aus. Aber Enna merkt, dass er nicht mehr das ist, was er einmal war. Und das wurmt sie. Schon oft hat sie über die möglichen Ursachen gegrübelt. Hormone scheinen ihr am logischsten zu sein. „Das ist auch gut möglich, denn in den Wechseljahren nehmen die weiblichen Hormone ab“, erklärt der Hamburger Dermatologe Professor Volker Steinkraus. „Stimmt dadurch die Balance zwischen männlichen und weiblichen Hormonen nicht mehr, fallen bei Frauen die Haare vor allem in der Region des Scheitels aus.“

Ab der Menopause betrifft das etwa jede fünfte Frau, schätzen Experten. Verschreibungspflichtige Tabletten können helfen, aber nur, wenn die Therapie früh genug begonnen wird. „Ein effektiver Wirkstoff in flüssiger Form ist Minoxidil. Als Lösung auf die Kopfhaut aufgetragen, erweitert es die Blutgefäße und schützt so bei vielen Formen von Haarausfall.“ Aber auch diese Tinkturen wirken vor allem, wenn man sie frühzeitig oder noch besser präventiv anwendet. Aus einem schütteren Flaum machen auch sie keinen Wallawalla-Traum mehr.

Ennas Haare dünnen jedoch gleichmäßig aus und nicht nur am Scheitel. Michael Rogall ist Experte für Haarprobleme. Er schickt Kundinnen wie sie erst einmal zum Arzt. „Zu Beginn einer Behandlung muss ein komplettes Blutbild gemacht werden. Das Haar leidet nämlich zum Beispiel auch bei einer Unterfunktion der Schilddrüse oder einem Mangel an Vitalstoffen“, so der Haarpraktiker, wie er sich selbst nennt. Und das ist trotz eines ganzjährig prall gefüllten Gemüsespeiseplans keine Seltenheit: Rogall trifft vor allem Vegetarier und Veganer mit Mangelerscheinungen. Der Kölner empfiehlt dann Super-Seafood in Tablettenform: „Spirulina-Algen sind sehr eisenhaltig und haben viele weitere wert- und gehaltvolle Inhaltsstoffe.“ Oft reiche ein Monat und der Mineralstoffhaushalt sei wieder in Ordnung.

Was helfen kann: Conditioner-Diät und Entschlacken

Enna, die sich stets vollwertig ernährt und keinen medizinischen Check-up verpasst, findet in den Blutwerten nicht die Lösung für ihr Problem. Auch Rogalls nächster Verdacht prallt an ihr, einem überzeugten Fan von Naturkosmetikprodukten, ab. „Wenn man lange Zeit konventionelle, glanzgebende Haarpflege und -styling benutzt, leidet die Kopfhaut irgendwann darunter.“ Das in vielen Produkten enthaltene Silikon setzt sich mit der Zeit in der Haut ab, glaubt der Kölner. „Oft ist es so, dass sich dann beim Bürsten Grieß und Schuppen von der Kopfhaut lösen.“ Nach seiner Erfahrung reichen zwei Monate Conditioner-Diät, damit sich solche Ablagerungen wieder lösen. Dadurch kehren zwar keine verlorenen Haare zurück, aber die aktiven Wurzeln werden neu belebt und können folglich kräftigeres Haar ans Tageslicht befördern.

Leider lassen sich nicht alle Altlasten so leicht bekämpfen: „Im Bereich der Fontanelle sind die Kapillargefäße so fein, dass sich hier besonders leicht Stoffe ablagern können.“ Michael Rogall meint damit die in der Schulmedizin häufig umstrittenen Schlacken: Das sind Stoffwechselendprodukte oder anders gesagt Spuren unseres Lifestyles, wie Phosphorverbindungen in Limonade oder durch hohen Blutzucker verhärtete Gewebefasern. „Die Kopfhaut – als Parkgarage für solche Schlackenstoffe – antwortet darauf erst mal mit Schuppen und dann mit leidigem Haarausfall.“ In solchen Fällen empfiehlt Rogall, der sich seit 25 Jahren ganzheitlich um das Nachwachsen der Haare bei seinen Kunden bemüht, eine Ausleitung beim Heilpraktiker.

Nicht unterschätzen: Stress verspannt die Kopfhaut

Besonders häufig beobachtet der Fachmann bei Frauen in letzter Zeit jedoch ein Phänomen, das er früher nur von Männern kannte. „Ich habe immer mehr Kundinnen in meiner Haarsprechstunde – vor allem Karrierefrauen, die beruflich viel Verantwortung tragen – mit verspannter Kopfhaut.“ Damit trifft er auch bei Enna ins Schwarze: Ihr Job ist extrem stressig.

Die Betroffenen haben deutliche Verspannungen im Rücken. „Bei einer behutsamen Bürstenmassage rötet sich der Nacken. Daran erkenne ich, dass der Blutfluss der Kopfhaut gestört ist.“ Fatal für die Haare, denn so geraten die Versorgung der Haarwurzeln und die körpereigenen Entgiftungsprozesse ins Stocken. Professor Steinkraus nennt noch einen weiteren Mechanismus, der stressbedingten Haarausfall begünstigt: „Bei lang anhaltender seelischer Belastung werden Botenstoffe vermehrt oder verändert gebildet, die auch das Haarwachstum negativ beeinflussen können.“

Zu viel Stress, eine Belastung des Gewebes, Fehlfunktionen der Schilddrüse oder Nährstoffmängel: In solchen Fällen ist der Haarausfall nicht das Problem, sondern ein Symptom, dessen Ursache bekämpft werden muss. Das Symptom selbst lässt sich laut Michael Rogall vor allem mit zwei Methoden beeinflussen: Zum einen lobt er tägliches Bürsten nach klaren Vorgaben. „Man muss die Kopfhaut bewegen, sodass Blutfluss und Hautstoffwechsel in Gang kommen. Das verbessert dann peu à peu Haarwachstum und -qualität.“ Das Bürsten, beteuert er, sei in seiner Haarpraxis das A und O.

Neu und wirksam: Die Mesotherapie führt Vitalstoffe zu

Die zweite Methode kennt man als Anti-Aging-Kick für den Teint: Mesotherapie. Mit hauchdünnen Nadeln werden mehrmals Vitalstoffe und Medikamente in die Haut geschleust. Auch neu: Injektion von Blutplasma. Der Stoff wird aus dem Blut des Patienten zentrifugiert, wobei sich eine stammzellenreiche Flüssigkeit absetzt. Rogall: „Hier habe ich schon Ergebnisse gesehen, die wirklich überzeugend sind. Die Haare fallen nicht aus, glänzen und sind kräftig.“ Es gibt Fertigmischungen, doch Experten wie der Kölner Hautarzt Dr. Hans- Georg Dauer fertigen für ihre Patienten maßgeschneiderte Mixturen an. „Kortison kann zum Beispiel hilfreich sein, wenn die Kopfhaut stark entzündet ist“, berichtet Dr. Dauer. „Und bei extremer Verspannung hilft etwa Botox.“ Je nach Mixtur gibt es das Treatment bei ihm ab 70 Euro, eine Stammzellen-Injektion kostet rund 280 Euro.

Enna hat sich erst mal für die Bürstenkur entschieden. „Bei Medikamenten und Injektionen ist sie eher skeptisch. Das geht vielen Kunden so“, erzählt Rogall. Zum Glück, wie er findet. „Denn beim Bürsten entspannt sich im ganzen Menschen etwas, nicht nur die Kopfhaut.“