Ethik, Umwelt, Gesundheit: Es gibt viele Gründe für eine vegane Ernährung. Doch welche gesundheitlichen Vorteile hat der Trend wirklich – und welche Risiken birgt er? Erfahren Sie, worauf Sie bei einer veganen Ernährung achten sollten.
Neben dem Verzicht auf tierische Produkte in Kosmetikartikeln, Medikamenten, Kleidung, Einrichtungsgegenständen und Co. steht die Ernährung im Zentrum der veganen Lebensanschauung: Im Gegensatz zu Vegetariern, die ebenfalls Fleisch und Fisch vom Speiseplan gestrichen haben, nehmen Veganer auch keine Produkte zu sich, die von Tieren gewonnen werden – Eier, Milch, Honig und Ähnliches sind tabu.
Für viele steht der ethische Aspekt bei der veganen Ernährung im Vordergrund. Nicht nur, dass das Schlachten von Tieren abgelehnt wird, sondern vor allem auch die meist unwürdigen Haltungsformen, die insbesondere in Massentierhaltungen auftreten. Auch viele Arten der Produktion tierischer Produkte, etwa von Milch und Eiern, bringen das Töten von Tieren mit sich. So enden männliche Nachkommen von Milchkühen meist als Kalbfleisch auf dem Teller, männliche Küken von Legehennen ereilt gleich nach dem Schlüpfen ein grausamer Tod. Ein Verzicht auf diese Produkte ist für Veganer deshalb unabdingbar.
Weitere Beweggründe für eine vegane Lebensweise sind Religion, Umweltschutz und Welternährung. Zwar sind Plantagen und Co. für die Massenproduktion alternativer veganer Lebensmittel wie Soja ebenfalls ökologisch kritisch zu hinterfragen, ein Veganer weist aber einen besseren ökologischen Fußabdruck auf, als jemand, der viel Fleisch isst. Der Anbau von Futtermitteln für die Massentierhaltung fördert zudem die globale Ernährungsungerechtigkeit, da das Rohmaterial meist nicht von unseren heimischen Feldern, sondern aus Ländern wie Südamerika oder Asien stammt – Fläche und Arbeitskräfte zum Anbau eigener Lebensmittel werden dort immer geringer.
Viele Veganer schwören auch auf die gesundheitlichen Vorteile, die der totale Verzicht auf tierische Produkte mit sich bringen soll. Während sich die ausgeglichene vegetarische Lebensweise bereits in zahlreichen medizinischen Studien bewiesen hat, steht die vegane Ernährung noch immer stark in der Kritik.
Studien zu positiven Gesundheitswirkungen von veganer Ernährung gibt es kaum – meist beziehen sich die Informationen auf Vegetarier. Von den gesundheitlich fördernden Effekten profitieren jedoch auch die Menschen, die sich rein pflanzlich ernähren.
So senkt eine Ernährung mit ballaststoffreichen Vollkorn- und Sojaprodukten sowie Nüssen, Obst und Gemüse das Risiko vieler Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Gegensatz dazu kann eine Ernährung mit viel rotem Fleisch bestimmte Krebsarten fördern.
Durch Verzicht auf tierische Produkte haben Veganer im Normalfall auch bessere Cholesterinwerte und nehmen geringere Mengen an gesättigten Fettsäuren zu sich. Damit fördert ein veganer Lebensstil das sensible Säure-Basen-Gleichgewicht des Körpers und beugt einer Übersäuerung vor. Das schützt nicht nur vor Erkrankungen, sondern sorgt auch für einen frischen Kick im Alltag – Lustlosigkeit, Müdigkeit und Völlegefühl sind seltener. Hinzu kommt, dass Veganer häufig einen gesunden Lebensstil haben, Sport treiben und auf Alkohol und Nikotin größtenteils verzichten.
Diese Vorteile sind natürlich nicht von der Hand zu weisen. Das Wichtigste ist die Auswahl der Lebensmittel, ihre Zusammensetzung sowie die Vielfältigkeit. Und hier setzen die Kritiker der rein veganen Ernährung an.
Es ist nicht zu bestreiten: Die vegane Ernährung schränkt die Auswahl an Lebensmitteln drastisch ein. Wer sich ausgewogen ernähren und nicht an Nährstoffmangel oder sogar Folgeerkrankungen leiden will, braucht ein umfangreiches Wissen über kritische Nährstoffe, den individuellen Bedarf und Kenntnisse über geeignete Kombinationen von pflanzlichen Lebensmitteln.
Zu den kritischen Nährstoffen zählen zum Beispiel Eisen, Calcium, Jod, Omega-3-Fettsäuren, Zink und Vitamin B – insbesondere Vitamin B12, das fast ausschließlich in tierischen Produkten enthalten ist. Auch Aminosäuren, wichtige Eiweißbausteine, können fehlen, da nur eine bestimmte Kombination von Lebensmitteln (z.B. Hülsenfrüchte mit Getreide) die Versorgung garantieren kann.
Natürlich gibt es pflanzliche Alternativen zu tierischen Nährstofflieferanten: So kann der Körper auch durch Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Ölsamen mit Eisen, Calcium, Jod und Co. versorgt werden. Doch oft müssen angereicherte Lebensmittel oder sogar Nahrungsergänzungsmittel hinzugezogen werden.
Die DGE und die Verbraucherzentralen raten jedoch von einer veganen Ernährung bei Säuglingen, Kindern, Jugendlichen, Allergikern – die von Haus aus auf bestimmte Nährstofflieferanten verzichten müssen – sowie in der Schwangerschafts- und Stillzeit ab. Auch ältere Menschen müssen bei der Kost äußerste Sorgfalt walten lassen, um Mangelerscheinungen entgegenzuwirken. Besonders Kinder, die während des Wachstums einen besonderen Nährstoffbedarf haben, sind bei veganer Ernährung anfälliger. Kritisch kann es hier beim Vitamin B12 werden, das sie im jungen Alter ohnehin schlechter speichern als Erwachsene. Falls es zu Mangelzuständen kommt, drohen neurologische Symptome und ein verzögertes Wachstum.
Der Trend mit veganen Lebensmitteln boomt, das hat auch die Industrie für sich entdeckt. So findet man nicht nur eine Unzahl an veganen Fertig- und Ersatzprodukten, sondern auch viele neue Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Ob sie halten, was sie versprechen, hat die Zeitschrift Öko-Test 2015 getestet. Mit niederschmetterndem Ergebnis: Von neun Präparaten erhielten acht das Gesamturteil „ungenügend“, gerade ein Produkt erhielt die Note „ausreichend“. Auszusetzen waren vor allem die zu hohen Dosierungen von einigen Stoffen, darunter auch des Vitamin B12. Bevor also auf solche Produkte aus der Apotheke oder dem Reformhaus zurückgegriffen wird, sollte unbedingt ein Arzt und/oder Ernährungsberater zu Rate gezogen werden.
Bei der veganen Ernährung ist also das Wissen über Lebensmittel gefragt. Ein individueller Ernährungsplan ist wichtig, Kochmuffel sind damit oft überfordert. Auf industrielle Fertigprodukte wie Seitan-Truthahn, vegane Salami, Analogkäse oder Ähnliches zurückzugreifen ist auch keine Lösung. Denn genau wie in nicht-veganen Fertigprodukten stecken auch in den veganen Ersatzvarianten oft Aroma-, Farb- und Geschmacksstoffe sowie Emulgatoren, die allesamt wenig förderlich für die Gesundheit sind. Und: Wer glaubt, dass vegane Trend-Produkte vom Etikettenschwindel verschont bleiben, irrt leider.
Wie bei jeder Ernährungsweise kommt es letztendlich auf die ausgewogene Zusammenstellung, Zubereitung und Qualität der Zutaten an. Am besten kochen Sie selbst und verwenden frische und regionale Produkte, die es gerade zur Jahreszeit gibt.
Veganes Bananenbrot