Ohne große Mühe und Zeitaufwand Cellulite bekämpfen und Muskeln aufbauen? Mit Vibrationsplatten angeblich kein Problem. Wie das Training auf der Power Plate funktioniert und was es bewirkt.
Weil sie mit wenig Anstrengung und großer Zeitersparnis ein effektives Training versprechen, erfreuen sich Vibrationsplatten, auch „Power Plates“ genannt, immer größerer Beliebtheit. Darüber hinaus soll die Trainingsmethode auch medizinische Vorteile haben. Nicht umsonst wird sie im Leistungssport und im Rahmen von Reha-Maßnahmen nach Schlaganfällen und Verletzungen eingesetzt. Wie genau das Training mit der Vibrationsplatte funktioniert, was es bewirkt und worauf Sie als Einsteiger achten sollten, lesen Sie in unserem Fitnessratgeber.
Beim Vibrationstraining (Whole Body Vibration) trainiert man mit und auf einer Platte, die in einem Frequenzbereich von etwa fünf bis 60 Hertz vibriert. Die Schwingungen lösen Muskeldehnreflexe aus. Um sie auszugleichen und den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen, kontrahieren und entspannen sich die Muskeln in schneller Abfolge. Dieses hohe Maß an Aktivität und Anstrengung führt zu einer erhöhten Blutzirkulation, zur Aktivierung der Lymphgefäße, zu einem höheren Energieverbrauch und zum Muskelaufbau.
Allerdings reicht es nicht, einfach nur auf der Vibrationsplatte zu stehen und sich durchschütteln zu lassen. Man muss den Körper kontrolliert bewegen und aktiv Übungen ausführen. Das können zum Beispiel Kniebeugen, Ausfallschritte, Liegestütze oder Crunches sein. Die einzelnen Übungen dauern alle zwischen 30 und 60 Sekunden. Meist wird sehr funktionell und in verschiedenen Muskelgruppen gearbeitet, um den Körper möglichst umfassend zu fordern. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Workout ist die Stimulation durch die Vibrationsplatte wesentlich größer, sodass ein 20-minütiges Vibrationstraining den gleichen Effekt erzielen kann wie ein umfangreiches klassisches Workout im Fitnessstudio.
Die Antwort lautet Jein. Die Muskeln müssen auf die Vibration reagieren. Je stärker die Vibration, desto intensiver ist auch die Reaktion und die damit verbundene Anspannung in der Muskulatur. Durch die verstärkte Reaktion im Muskel werden konventionelle Übungen anspruchsvoller und das Training auf der Power Plate effektiver. Werden die Übungen hingegen falsch durchgeführt, bringt leider selbst die stärkste Vibration nichts.
Fest steht jedoch, dass die Vibrationsplatte über 90 Prozent aller Muskeln gleichzeitig beansprucht, was sie zum perfekten Ganzkörpertraining macht. Im Vergleich: Wir können nur 60 Prozent unserer Muskeln selbst aktiv bewegen. Der Rest – die Tiefenmuskulatur, die etwa 40 Prozent der gesamten Muskelmasse ausmacht – kann nicht bewusst gesteuert werden. Sie ist für Stabilität, Koordination und Gleichgewicht zuständig und gibt unserem Körper Haltung. Beim Vibrationstraining hingegen wird auch diese tiefer liegende Muskulatur angesprochen, sodass das komplette Skelett stabilisiert und gestärkt werden kann. Das macht ein Training auf der Power Plate insgesamt effektiver als ein normales Muskeltraining.
Dass das Vibrationstraining die Muskulatur aufbauen und widerstandsfähiger machen kann, wurde bereits mit zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt. Darüber hinaus wirkt sich das Workout auf der Vibrationsplatte auch auf andere gesundheitliche Bereiche beziehungsweise Krankheitszustände positiv aus. Dazu gehören:
bessere Durchblutung
Gewichtsreduktion
Muskelzuwachs
Stärkung der bestehenden Muskulatur und des Stützapparates (Bänder und Sehnen)
bessere Körperhaltung
Erhöhung der Knochendichte
Die durch die Schwingungen hervorgerufenen Muskelkontraktionen steigern nicht nur die Leistungsfähigkeit der Muskulatur, sondern können sogar dem Knochenabbau entgegenwirken. In einer Studie mit bettlägerigen Patienten haben bereits fünf Minuten täglich ausgereicht, um Knochen- und Muskelschwund zu reduzieren. Die Vibrationen sollen am Knochen zu leichten elastischen Verformungen führen und so sein Wachstum stimulieren. Da sie sich positiv auf die Knochenfestigkeit auswirken, können Übungen mit der Power Plate sogar das Risiko für Knochenbrüche verringern und so vor Osteoporose schützen.
Zudem kann das Training auf der Vibrationsplatte genutzt werden, um Koordination, Stabilität und Gleichgewicht zu verbessern. Allein 140 Muskeln stabilisieren den Rücken. Wer sie trainiert, beugt Bandscheibenvorfällen und Rückenschmerzen vor.
Zudem fördert das Vibrationstraining die Ausschüttung von Myokinen aus den Muskelzellen. Diese hormonähnlichen Botenstoffe sollen vor Diabetes schützen und einen positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System, den Fettstoffwechsel, das Gehirn sowie die Gefäßwände haben.
Der Gewichtsverlust beim Power-Plate-Training wird vor allem durch die Stärkung der Muskelfasern erreicht. Da Muskeln generell mehr Energie als Fett verbrennen, steigt durch eine höhere Muskelmasse auch der Energieverbrauch an. Selbst im Ruhezustand verbrennt der Körper dann mehr Kalorien. Je geringer der Körperfettanteil und je höher die Muskelmasse ist, desto größer ist der Kalorienverbrauch und somit auch der Gewichtsverlust.
Darüber hinaus können Vibrationstrainer auch als Entspannungs- und Massagegerät genutzt werden, zum Beispiel indem man ein Kissen und anschließend die Beine darauflegt. Durch die Vibration wird die Muskulatur gelockert und besser durchblutet. Der Wellness-Effekt stellt sich oft schon nach wenigen Minuten ein. Steht man auf der Vibrationsplatte und macht leichte Hüpfbewegungen, hat das sogar einen neuronal anregenden Effekt und man fühlt sich angenehm beschwingt.
Orangenhaut an Oberschenkeln und Gesäß ist zu 60 bis 80 Prozent genetisch bedingt. Durch die Vibration wird die Durchblutung angeregt und das Gewebe gestrafft, was insgesamt für gesündere und glattere Haut sorgt. Regelmäßiges Vibrationstraining kann außerdem verhindern, dass sich die Dellen an Oberschenkeln und Po weiter ausbreiten. Wegzaubern lässt sich bestehende Cellulite aber auch mit der Power-Plate nicht.
Für gesunde Menschen ist das Vibrationstraining so „gefährlich“ wie jedes andere Workout. Die Gefahr, sich zu verletzen, ist gegeben, aber nicht höher als bei andere Fitnessgeräten. Man sollte allerdings immer darauf achten, dass die Vibrationen nicht zum Kopf durchdringen, sondern vorher abgefedert werden. Wirkt die Vibration ungebremst auf das Gehirn, kann sie Kopfschmerzen und sogar ein Mini-Schleudertrauma mit Schwindel und Übelkeit auslösen.
Sportanfänger sollten am besten mit Kraftübungen auf festem Untergrund beginnen, um ihre Muskeln auf ein Mindestlevel zu bringen und ein Gefühl für ihren Körper zu bekommen. Die starken Vibrationen könnten die zu schwache Muskulatur sonst überfordern. Werden die Vibrationskräfte nicht gut abgefedert, steigt auch das Verletzungsrisiko.
Große Vorsicht ist geboten, wenn Ihr Körper krankheitsbedingt geschwächt ist. Bei fortgeschrittener Osteoporose kann ein Training auf der Vibrationsplatte sogar gefährlich werden, da es schneller zu Knochenbrüchen kommen kann. Auch für Schwangere, Epileptiker, Menschen mit künstlichen Gelenken oder Herzschrittmachern ist die Trainingsmethode nicht geeignet. Im Zweifelsfall sollte ein Arzt um Rat gefragt werden.
Es wird zwischen zwei Vibrationsplatten-Typen unterschieden: Geräte mit fester Standsäule und solche ohne Säule. Die Unterschiede zwischen den beiden Gerätevarianten liegen hauptsächlich in der maximalen Belastbarkeit und der Gerätegröße. Vibrationsplatten mit Säule sind größer, aber standfester und halten ein Körpergewicht von 150 Kilogramm problemlos aus. Vibrationsgeräte ohne Standsäule sind zwar kompakter, aber meist nur auf ein Maximalgewicht von rund 100 Kilogramm ausgelegt.
In technischer Hinsicht wird zwischen vertikal vibrierenden Platten (die gesamte, starre Trittfläche bewegt sich von unten nach oben), seitenalternierenden Platten (eine Seite der Trittfläche bewegt sich auf, die andere ab) und 3D-Systemen (Vibrationen von oben nach unten und von vorne nach hinten) unterschieden.
Hier kommt es ganz darauf an, wie schwer Sie sind und wie Sie die Vibrationsplatte einsetzen möchten. Kleinere und günstigere Vibrationsplatten sind für Sprünge oder Kniebeugen mit Zusatzlast meist nicht geeignet. Dann wird das Gewicht für das Gerät zu groß und es kann vorkommen, dass die Vibrationsfunktion ausfällt. Bei den größeren (und meist auch teureren) Trainingsgeräten bleibt die Vibrationsfähigkeit auch bei hoher Belastung erhalten. Wer also richtig trainieren möchte, sollte ein professionelles Gerät wählen. Wollen Sie es hingegen nur zur Massage und Entspannung nutzen, reicht eine kleine, günstige Vibrationsplatte vollkommen aus.
Egal, ob Sie Sportanfänger oder Fitnessjunkie sind, folgende Grundregeln sollten Sie beim ersten Training auf der Vibrationsplatte (und darüber hinaus) beachten:
Ganz nach dem Motto „Vom Leichten zum Schweren, vom Einfachen zum Komplexen und vom Bekannten zum Unbekannten“ sollten Sie Ihr Vibrationstraining mit leichten, einfachen und bekannten Übungen wie Kniebeugen beginnen, um sich mit der Trainingsform vertraut zu machen und den Körper an die Vibrationen zu gewöhnen.
Trainieren Sie unter professioneller Aufsicht – vor allem am Anfang. Die Übungen sind anstrengender als auf einem festen Untergrund und sollten korrekt ausgeführt werden, damit Gelenke und innere Organe nicht geschädigt werden.
Beim Vibrationstraining sollten die Beine leicht gebeugt sein und das Gewicht immer auf den Ballen verlagert werden. Dadurch fühlt sich die Vibration gleich viel weicher und angenehmer an.
Halten Sie die Vibrationen vom Kopf fern, um Schwindel und Übelkeit zu vermeiden.
Wie bei jeder anderen sportlichen Betätigung sollten Sie auch während des Vibrationstrainings ausreichend trinken.
Lernen Sie Ihren Körper kennen und spannen Sie Ihre Muskulatur bewusst stark an. Die Effektivität des Vibrationstrainings wird so deutlich gesteigert.
Sollten Sie sich bei einer Übung nicht wohlfühlen oder Schwierigkeiten haben, lassen Sie sie lieber aus und versuchen es mit einer anderen.
Wer glaubt, die Vibrationsplatte sei ein Sportgerät für Faule, von dem man nach 20 Minuten schlank und durchtrainiert wieder absteigt, ohne etwas dafür getan zu haben, liegt leider falsch. Sport bleibt Sport. Das Workout ist genauso anstrengend wie jedes andere Training.
Das Gute an der Vibrationsplatte ist jedoch, dass sie jedem Fitnesslevel gerecht wird. Es gibt eine unbegrenzte Anzahl an Positionen und Übungen, die den körperlichen Voraussetzungen entsprechend ausprobiert werden können. Besonders für Menschen, die keine Zeit für aufwendige Workouts haben, ist das Kompakttraining auf der Power Plate eine gute Alternative. Da sich das Vibrationstraining besonders zum Dehnen und Aufwärmen eignet, ist es auch eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Ausdauersportarten.