Ausgebrannt vor Langeweile und bereits innerlich gekündigt? Dieses Gefühl kennen viele aus ihrem Berufsalltag. Wir geben Tipps, was Sie dagegen machen können und wie es erst gar nicht so weit kommen muss.
Nicht jeder hat das Glück, seine Passion zum Beruf zu machen. Für den Broterwerb stranden einige dann im völlig falschen Job oder geben sich mit Tätigkeiten ab, die sie ständig unterfordern. Auch durch Veränderungen in der Betriebsstruktur wird oft der Schwung aus dem Berufsalltag genommen. Doch andauernde Langeweile kann auch gefährlich werden.
Als Boreout ist das Syndrom eher in der medialen als in der wissenschaftlichen Diskussion bekannt. Im Gegensatz zum Burnout, bei dem Betroffene durch andauernde Überforderung schließlich in einer Erschöpfungsdepression landen, sind beim Boreout Unterforderung und Langeweile ausschlaggebende Kriterien.
Egal ob Bore- oder Burnout: Zwar sollten Arbeitgeber darauf achten, dass es bei ihren Mitarbeitern nicht zu derartigen Symptomen kommt, doch jeder hat es auch in der Hand, den Teufelskreis selbst zu durchbrechen.
Als Kind wird uns bereits gelehrt, dass Langeweile auch unglaublich kreativ machen kann. Das stimmt. Doch es ist und bleibt ein unangenehmes Gefühl – innere Leere, Antriebslosigkeit und Passivität gehen damit einher. Dass andauernde Langeweile zu Stress führt, ist kein Geheimnis. Erich Fromm schrieb bereits 1930 in seiner Schrift „Die Entwicklung des Christusdogmas“: „Ich bin überzeugt, dass Langeweile eine der größten Qualen ist. Wenn ich mir die Hölle vorstelle, wäre das ein Ort, an dem man ständig gelangweilt ist.“
Trotzdem ist das Boreout-Syndrom in Medizin und Psychologie keine anerkannte Krankheit. Doch es ist ein Fakt: Zu starker Stress, egal ob durch Über- oder Unterforderung, führt zu krankhaften Symptomen. Geprägt wurde der Begriff 2007 durch die Unternehmensberater Peter R. Werder und Philippe Rothlin, die durch ihr Buch „Diagnose Boreout“ das Symptom als Krankheitsbild ins Rampenlicht beförderten. Übermäßiger Stress kann demnach durch ständigen Frust aufgrund von Unterforderung, lähmender Routine und fehlender Motivation entstehen. Dabei spielt es im Beruf keine Rolle, ob es einfach zu wenig Arbeit gibt (quantitative Unterforderung) oder Mitarbeiter zu überqualifiziert für ihre Tätigkeiten sind (qualitative Unterforderung).
Wer jetzt an faule Mitarbeiter denkt, hat sich geirrt – die nehmen die berufliche Situation nämlich gelassen hin, sitzen sie aus und sorgen in ihrer Freizeit für angemessenen Ausgleich. Gerade besonders leistungsorientierte Menschen, die ein hohes Pflichtgefühl und Verantwortung haben, kommen mit der andauernden Langeweile nicht zurecht.
Ehrgeiz, Effizienz, große Leistungsfähigkeit und Motivation sowie der Wunsch, etwas zu gestalten und zu erreichen, sind typisch für Boreout-Anfällige. Sie orientieren sich stark an ihren Werten, wollen sich nicht verbiegen und scheuen sich nicht, Kritik an einem (für sie) fehlerhaften System zu äußern und die Konsequenzen dafür in Kauf zu nehmen. Deswegen sind auch häufiger Frauen betroffen, die sich von ihrem Arbeitsgeber und männlichen Kollegen wegen ihres Geschlechts diskriminiert fühlen. Weniger Bezahlung, Wertschätzung und Verantwortung bei gleicher Leistung? Ja, das kann schnell frustrieren, langweilen und desillusionieren.
Der krankhafte Stress, der durch andauernde Langeweile und Unterforderung verursacht wird, zeigt sich in der Regel als erstes durch Antriebs- und Motivationslosigkeit im Berufsleben, die Frustration greift Stück für Stück aber auch das Privatleben an. Die psychischen Beschwerden können bis zu Depressionen führen und auch körperliche Anzeichen von Magen-Darm-Beschwerden über Schlafstörungen und Schmerzen bis hin zu Tinnitus, Schwindelgefühle sowie Infektionsanfälligkeit können sich zeigen.
Die Symptome sind also mit denen eines Burnout-Syndroms vergleichbar. Trotzdem sind die Boreout-Symptome weniger greifbar und unspezifischer, da sie viele andere Ursachen haben können. Beim Burnout ist alles viel offensichtlicher: Großer Stress und hohe Verantwortung lassen sich schließlich „an Zahlen“ ablesen – kein Wunder, dass sie oft als Manager-Krankheit tituliert wird, die nur Erfolgreiche und Leistungsträger ereilt.
Die Hemmschwelle, Probleme wegen Langeweile zu thematisieren, ist also hoch: Der Boreout ist schließlich keine sozial angesehen Störung. Aus Scham versuchen Betroffene die Situation in der Arbeit überzukompensieren, machen Überstunden, versuchen krampfhaft, sich mit Arbeit einzudecken. Diese Täuschung sorgt für zusätzlichen Stress, die Problematik verschlechtert sich – Betroffene ziehen sich immer weiter zurück. Das macht die Diagnostik umso schwieriger, wie viele überhaupt davon betroffen sind, ist unbekannt.
Wer besonders leistungsorientiert und effizient ist, gesteht sich oft selbst nicht ein, dass etwas mit einem nicht stimmt. Irgendwie muss es ja schließlich gehen. Doch wenn der Leidensdruck steigt, ist Ignorieren auch keine Option. Ein Problem, das erkannt wird, kann auch gelöst werden.
Schreiben Sie jeden Tag auf, welche Tätigkeiten sie eigentlich machen und analysieren Sie sie auf ihre Zufriedenheit. Nur wenn objektiv zu erkennen ist, wo der Haken ist, können Schritte eingeleitet werden. Vielleicht gibt es bestimmte Projekte, für die Sie geeignet sind – schlichtweg aber einfach übersehen wurden.
Das führt zum nächsten Punkt: Sprechen Sie Ihren Chef auf Ihre Unzufriedenheit an. Der sogenannte „Person-Job-Mismatch“ ist weit verbreitet – werden Sie kein Opfer davon. Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen, schließlich ist das ja auch eine Win-win-Situation für den Boss: zufriedener Mitarbeiter und effizientere Arbeit. Ein Gespräch mit dem Chef ist auch unumgänglich, wenn es Kollegen absichtlich auf Sie abgesehen haben und Sie gezielt – als eine Art des Mobbings – mit unnötigen Kleinaufgaben unterfordern wollen.
Wenn es einfach nicht mehr Tätigkeiten für ihre Qualifikation gibt, fahren Sie mit den Arbeitsstunden doch einfach runter. Natürlich spielt das Finanzielle dabei auch eine Rolle, aber glücklicher sind Sie wahrscheinlich, wenn wieder mehr Sinn ins Leben kommt. Die neu gewonnene Zeit könnte in einen interessanten Nebenjob oder ehrenamtliche Arbeit investiert werden.
Vielleicht sind Sie nicht in der falschen Firma, aber arbeiten im falschen Bereich? Ihr Chef kann Sie dabei unterstützen, eine geeignetere Abteilung zu finden. Falls nicht, greifen Sie auf Eigeninitiative zurück, sprechen Sie mit Kollegen und suchen auf eigene Faust im Intranet der Firma. Eine andere Möglichkeit ist eine Weiterbildung, um wieder Schwung in den Berufsalltag zu bringen und für neue spannendere Aufgaben zur Verfügung zu stehen.
Es könnte aber auch sein, dass es in der Firma gar keine Alternativen gibt. Dann bleibt nur die Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Dabei ist es wichtig, dass man keine falschen Erwartungen und Ansprüche an denjenigen setzt und genau hinsieht, ob die neue Tätigkeit auch wirklich das ist, was man sich erhofft – und was mit den eigenen Qualifikationen auch realistisch erscheint. Eine andere Möglichkeit: Zeigen Sie Unternehmergeist und machen Sie sich selbstständig. Selbstständige leiden nämlich am seltensten am Boreout.
Wer ein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Beruf hat, ist für einen Boreout nicht so anfällig. Powern Sie sich in der Freizeit mit Sport richtig aus, fördern Sie Ihren Geist und sorgen Sie mit Yoga, Autogenem Training, Qigong, Achtsamkeitsübungen und Co. für inneren Ausgleich.
Auch ein kleines Morgenritual kann helfen, nicht vergrämt in die Arbeit zu gehen. Es gibt viele Ratgeber für alltägliche Motivationsübungen: lautes Lachen, Dankbarkeitsrituale, Ideen sammeln, Ziele bestimmen – die Möglichkeiten sind unendlich.
Natürlich ist es im Job auch mal etwas langweiliger, Leerlauf gehört überall dazu. Doch ein bisschen Sitzfleisch für ein paar Monate kann helfen, positive Veränderungen in der Firma abzuwarten. Versuchen Sie, durch die Langeweile ihre Kreativität zu fördern und überlegen Sie sich in der ungenutzten Zeit, was Sie wirklich wollen.
Schon bevor der Leidensdruck zu hoch wird, sollten sich Betroffene jedoch professionelle Hilfe suchen. Scheuen Sie sich nicht: Psychologen, Psychiater und Beratungsstelle haben meist ein offenes Ohr.