Starke Schmerzen und viele falsche Diagnosen: Bis Bibi Johns endlich gegen Borreliose behandelt wird, hat sie eine wochenlange Ärzte-Odyssee hinter sich gebracht.
Eigentlich fing das Ganze mit einem grippalen Infekt an. Das ist bei Borreliose-Infektionen häufig der Fall, aber das war mir damals, 2004, nicht klar. Ich glaubte an eine normale Erkältung, biss die Zähne zusammen und ging auf die Bühne. Als Sängerin – vielleicht kennen mich noch manche aus deutschen Filmen aus den 50er- und 60er-Jahren – hat man keine andere Wahl, da heißt es „The show must go on“.
Ein paar Tage später, mitten in der Nacht in einem Hotel in Stockholm, wachte ich plötzlich mit starken Schmerzen in der linken Bauchhälfte auf. Ich nahm Aspirin und versuchte, wieder in den Schlaf zu finden – vergeblich. Ich kannte diese Art von Schmerzen, auf meiner rechten Seite hatte ich schon mal etwas Ähnliches gespürt. Die Ursache damals war ein Bandscheibenvorfall. Deshalb war ich überzeugt, dass es auch dieses Mal wieder so war.
Zurück in München ging ich also zu einem Orthopäden, der mir zunächst ein starkes Schmerzmittel verschrieb. Kurz darauf wurde ein CT gemacht, aber nichts gefunden. Der Arzt schickte mich weiter zu einem Internisten, bei dem ich eine Darmspiegelung über mich ergehen ließ. Auch die blieb ohne Befund. Er tippte auf Gürtelrose. Eine Untersuchung jagte die nächste, kein Verdacht bestätigte sich. Ich war ganz schön durcheinander, fühlte mich ausgeliefert. Also rief ich eine befreundete Ärztin an. Sie glaubte ebenso wenig wie ich an Gürtelrose und empfahl mir einen Neurologen.
Bis ich dort einen Termin bekam, waren vier Wochen mit heftigen Schmerzen und ohne Diagnose vergangen. Außerdem hatte ich schon Lähmungserscheinungen im linken Bein und langsam, aber sicher konnte ich einfach nicht mehr. Der Neurologe hörte sich meine Geschichte an, und obwohl ich weder den bei ca. 50 Prozent der Patienten auftretenden charakteristischen roten Kreis um die Bissstelle noch einen Hautausschlag hatte, sagte er nach einem Reaktionstest meiner Nerven: „Es kann nur Borreliose sein.“
Ich hatte damals keine Ahnung, was das genau war, und vor allem auch nicht, was das für mich bedeutete. Im selben Haus befand sich ein Dermatologe, der die Diagnose bestätigte. Ich war so froh, nun endlich die letzte Station dieser wochenlangen Ärzte-Odyssee erreicht zu haben. Er verschrieb mir Antibiotika, die ich gleich einnahm. Eine deutliche Besserung stellte sich aber leider nicht ein, das Antibiotikum schlug nicht an.
Da ich seelisch und körperlich am Ende war, schickte mich mein Neurologe in eine Rehaklinik. Die ersten zwei Wochen bekam ich jeden Morgen eine Infusion mit Antibiotika. Normalerweise wäre das auch ambulant gegangen, aber mein körperlicher Zustand ließ das nicht mehr zu. Die Infusionen waren sehr anstrengend, sowohl für den Körper als auch für die Psyche, und ich war erschöpft von den zusätzlichen Fitnessterminen, die man mir verschrieben hatte. Ich brauchte Ruhe. Mein Mund war voller Aphthen – das sind diese kleinen, entzündeten Bläschen –, meine Haut juckte, ich musste täglich Tropfen gegen die Schmerzen nehmen. In diesen Wochen habe ich mir oft Gedanken gemacht, wo mich die Zecke erwischt haben könnte.
Ich war damals auf Tournee gewesen, hatte mich mehr in Hotels und Konzertsälen aufgehalten als in der Natur. Bei einem Zwischenstopp zu Hause hatte meine Katze bei mir im Bett geschlafen. Vielleicht hatte ich die Zecke von ihr bekommen, das wäre durchaus möglich. Allerdings können auch Monate und sogar Jahre vergehen, bevor sich eine Borreliose-Infektion bemerkbar macht. Nach drei Wochen hatte ich die schlimme Zeit dann endlich hinter mir und konnte die Klinik verlassen. Meine Gynäkologin hat mich nachträglich darauf aufmerksam gemacht, was für ein großes Glück ich hatte und was für fatale Folgen ein kleiner Zeckenbiss haben kann. Seitdem bin ich für jeden Tag in guter Gesundheit sehr dankbar – und habe bis heute keinen Rückfall gehabt.
Protokoll: Céline Tirpan
Der Ausöser von Borreliose ist ein Bakterium, das durch den Stich von damit infizierten Zecken übertragen wird. Nach dem Stich können grippeähnliche Symptome auftreten. Häufige Erstsymptome sind Nackensteife, Nachtschweiß, Gelenk- und Muskelschmerzen. Bleibt die Infektion lange unentdeckt, kann eine chronische Entzündung entstehen, Auswirkungen sind u.a. kognitive Störungen, starke Schmerzen und Lähmungserscheinungen.
Sie wird anhand der Symptome und manchmal per Bluttests erstellt. Behandelt wird mit Antibiotika.
Anders als bei FSME-Viren gibt es keine Impfung gegen die Erreger der Borreliose. Lange Kleidung, festes Schuhwerk und Insektensprays bieten einen guten Schutz. Hat die Zecke gebissen, sollte sie möglichst bald entfernt werden. Dabei gilt: hautnah, langsam und kontrolliert mit Pinzette oder Zeckenkarte arbeiten.