Ein Hallux valgus ist nicht nur ein optischer Störfaktor. Meist ist ein sogenannter Ballenzeh sehr schmerzhaft und kann zu dauerhaften Beschwerden führen, wenn er unbehandelt bleibt. Vor allem Frauen sind von der Zehenfehlstellung betroffen. Doch was sind die Ursachen von Hallux valgus und welche Therapien gibt es? Wir geben einen Überblick.
Unsere Füße müssen im Alltag so einiges mitmachen: Mal quetschen wir sie in zu enge Schuhe, mal in High Heels – und wenn spitze Pumps im Trend liegen, wird die Zehenpartie gnadenlos darin eingepfercht. Doch diese unnatürlichen Belastungen bleiben leider nicht ohne Folgen: Der sogenannte Hallux valgus, auch bekannt als Ballenzeh, Frostballen oder schiefer Zeh, ist in Deutschland die häufigste Fußfehlstellung. Schätzungsweise jeder dritte Mensch über 65 Jahre ist von Hallux valgus betroffen.
Bei einer Ballenzehe, medizinisch Hallux valgus genannt, handelt es sich um einen fortschreitenden Schiefstand des Großzehs (Hallux). Bei dieser X-Fehlstellung des Großzehengrundgelenks verschiebt sich das Köpfchen des ersten Mittelfußknochens zum inneren Fußrand. Die Folge: Der vordere Teil des Fußes wird breiter, der große Zeh knickt nach außen ab und wandert in Richtung der mittleren Zehen. In vielen Fällen tritt ein Hallux valgus nur einseitig auf, kann aber auch beide Füße betreffen. Mit fortschreitendem Verlauf verursacht die verschobene Zehe meist große Schmerzen. Zum Problem wird ein Ballenzeh spätestens dann, wenn auch das letzte Paar Schuhe nicht mehr passt.
Unterschiedliche Faktoren tragen zur Entwicklung eines Hallux valgus bei. Auffällig ist dabei, dass überwiegend Frauen von der Fehlstellung betroffen sind. Häufig wird es auf die Schuhe geschoben, doch so einfach ist es nicht. High Heels, Pumps oder enge Schuhe sind nicht die Hauptursache für einen Ballenzeh. Meist kommen mehrere Faktoren zusammen: Eine genetische Veranlagung, eine Bindegewebsschwäche oder ein bereits vorhandener Spreizfuß begünstigen die Zehenfehlstellung. Weitere Ursachen für Hallux valgus sind rheumatische Erkrankungen, Fußverletzungen, Übergewicht und langes Stehen. Auch bestimmte Medikamente oder eine Schwangerschaft schwächen das Bindegewebe und können einen Ballenzeh zur Folge haben. Wer dann noch eine Vorliebe für enge und hohe Schuhe hat, stresst den Fuß natürlich noch zusätzlich.
High Heels sehen zwar schick aus, bedeuten für die Füße aber pure Anstrengung. Denn in einem Absatzschuh wird der Fuß in eine unnatürliche Haltung gedrückt und teilweise über viele Stunden hinweg deformiert. Auch zu kleine oder schlecht sitzende Schuhe wirken sich negativ auf die Fußgesundheit aus, da sich die Knochen in ihnen entgegen ihrer natürlichen Richtung verschieben. Daneben wird auch die Fußmuskulatur beeinträchtigt: Normalerweise verläuft die Zugrichtung der Fußmuskeln, die unter anderem die Zehen gerade halten, nach innen. Wird der Fuß regelmäßig durch falsches Schuhwerk in eine Fehlhaltung gezwungen, verändert sich die Zugrichtung der darin befindlichen Muskeln. Der Großzeh verschiebt sich im Verlauf des Hallux valgus immer weiter in Richtung der mittleren Zehen und die Innenseite des Fußes wölbt sich. Wird diese Fehlstellung zur Regel, verformt der Großzeh sich dauerhaft und wird zu einem Ballenzeh.
Dennoch: Es gibt auch Menschen, die immer weite und bequeme Schuhe tragen, aber dennoch Hallux valgus entwickeln.
In vielen Fällen entwickelt sich vor dem eigentlichen Hallux valgus ein Spreizfuß. Bei dieser Zehenfehlstellung weichen die Mittelfußknochen auseinander und können den Fuß nicht mehr ausreichend stabilisieren. Die Folge ist eine Verbreiterung der betroffenen Fußpartie, die den Vorderfuß dann nicht mehr ausreichend abfedert. Liegt bereits eine Spreizfußdeformität vor, ist der Hallux valgus meist nicht mehr weit.
Folgende Symptome treten bei der Zehenfehlstellung auf: Durch die übermäßige Belastung kommt es vermehrt zu Schmerzen an den mittleren Zehen und einer Verdickung der Hornhaut. Auch bilden sich an den betroffenen Fußpartien häufig Hühneraugen, Schwellungen und Schwielen, die Haut rötet und verdickt sich. Wenn der Hallux valgus noch nicht dauerhaft schmerzt, kommt es dennoch bei Berührungen zu Schmerzen. Eine weitere typische Begleiterscheinung des Hallux valgus sind Schleimbeutelentzündungen am Zehenballen oder den benachbarten Kleinzehen. Sobald Schmerzen auftreten, sollten Sie damit zu Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin gehen.
Aufgrund der charakteristischen Verformung erkennt ein Orthopäde einen Ballenzeh auf den ersten Blick. Dennoch ist es bei der Erstdiagnose üblich, eine Röntgenaufnahme der deformierten Zehen zu machen. So kann der Arzt feststellen, wie weit fortgeschritten der Hallux valgus ist und einen passenden Therapieplan entwickeln. Zudem besteht aufgrund der Zehenfehlstellung die Gefahr einer Arthrose, weshalb eine präzise Diagnose unerlässlich ist, um dauerhaften Knorpel- und Knöchenschäden vorzubeugen.
Bei der Suche nach der passenden Therapie für einen Hallux valgus wird zwischen zwei Behandlungsarten unterschieden: Im Fall einer fixierten Deformität, wenn die Fehlstellung also bereits weit fortgeschritten und unbeweglich ist, muss der Ballenzeh meist operativ korrigiert werden. Handelt es sich dagegen um eine flexible Deformität, ist das Großzehengrundgelenk noch beweglich. Die Fehlstellung kann dann mit sogenannten konservativen Methoden behandelt werden. Im Frühstadium eines Ballenzehen können folgende Therapiemethoden helfen:
Der*die Physiotherapeut*in entwickelt gemeinsam mit dem*der Patienten*Patientin einen individuellen Trainingsplan. Ziel ist es, mit speziellen Bewegungs- und Dehnübungen die Fehlstellung des Großzehengrundgelenks am Fortschreiten zu hindern und die Fußmuskeln sowie das Bindegewebe wieder zu stärken. Auch regelmäßiges Barfußlaufen kann zur Linderung der Ballenzehe beitragen.
Ebenfalls Teil der konservativen Therapie sind Hilfsmittel, die den Schiefstand des Großzehs korrigieren sollen: Orthopädische Einlegesohlen oder Schuhe mit speziellem Fußbett lindern die Schmerzen und rücken den Knochen in die korrekte Richtung – rückgängig machen lässt sich ein Ballenzeh jedoch auch mit orthopädischen Spezialprodukten leider nicht mehr. Vorrangig geht es bei dieser Therapieform darum, den Betroffenen trotz Hallux valgus einen weitgehend beschwerdefreien Alltag zu ermöglichen und bei einem leichten Hallux valgus den Zeh in der korrekten Position zu stabilisieren. Für eine Entlastung sorgen Schaumstoffkeile, die zwischen den großen Zeh und seine Nachbarn gelegt werden. Bei längerer Anwendung können sich die Schmerzen dadurch allerdings auf die mittleren Zehen verlagern. Spezielle Bandagen und Nachtlagerungsschienen wirken vor allem nach einer Hallux valgus-Operation unterstützend, bringen den Zeh aber ebenso wenig in seine ursprüngliche Position. Dennoch können diese Hilfsmittel zumindest Beschwerden lindern und den Alltag der Betroffenen etwas angenehmer machen.
Wer an einem Hallux valgus leidet, findet bei einer ausgeprägten Zehenfehlstellung nur schwer passende Schuhe. Hier helfen spezielle orthopädische Modelle. Sie regen mit einer sensomotorischen Einlage die Fußmuskulatur dazu an, sich wieder in die korrekte Zugrichtung zu bewegen. Grundsätzlich sollten Hallux valgus Betroffene darauf achten, dass die Schuhe ausreichend Freiraum ermöglichen und nicht drücken. Auf diese Weise können Sie auch Blasen vorbeugen.
Ist der Hallux valgus bereits weit fortgeschritten, spricht man in der Medizin von einer fixierten Deformität. In diesem Stadium hilft nur noch eine Operation, um die Beschwerden in den Griff zu bekommen. Die angewendete Operationstechnik ist dabei von den Ursachen und dem Zustand des Hallux valgus abhängig. Bei dem Eingriff, der meist in der Nähe des großen Zehs durchgeführt wird, entfernt der*die Chirurg*in den durch die Fehlstellung häufig entstehenden Knochenüberschuss an der Balleninnenseite und fixiert das Großzehengrundgelenk mit einem Draht. Bei einem bereits stark ausgeprägten Ballenzeh wird nahe des Mittelfußes operiert. Der Eingriff zielt neben der Geradestellung der Großzehe dann meist auch auf den Erhalt des von Arthrose bedrohten Großzehengelenks ab.
Auch wenn eine Hallux valgus-OP die Füße wieder in ihre normale Form bringen und normales, schmerzfreies Gehen ermöglichen kann, birgt sie immer ein Risiko für Komplikationen und nachfolgende Beschwerden. Unmittelbar nach der Hallux valgus-OP muss der Patient den Fuß für einige Tage hochlegen und anschließend spezielle Vorfußentlastungsschuhe tragen, die Schmerzen lindern und den Heilungsprozess begünstigen.
Wenn die Fehlstellung des großen Zehs nicht erblich oder rheumatisch bedingt ist, helfen diese vorbeugenden Maßnahmen, der Entstehung eines Hallux valgus vorzubeugen:
Gehen Sie regelmäßig barfuß – das stärkt die Fußmuskulatur und gibt den Füßen die Möglichkeit, in ihrer orthopädisch korrekten, natürlichen Form zu bleiben.
Tragen Sie so oft wie möglich flache Schuhe und gönnen Sie Ihren Füßen nach dem Tragen von High Heels oder spitzen Pumps eine möglichst lange Pause. Sind Absatzschuhe etwa als Teil eines strikten Business-Dresscodes unvermeidlich, sollten Sie Schuhmodelle mit einer gemäßigten Absatzhöhe von vier bis fünf Zentimetern bevorzugen. Achten Sie zudem darauf, dass Ihre Zehen im vorderen Teil des Schuhs ausreichend Platz haben.
Kaufen Sie Ihre Schuhe idealerweise am Abend, wenn die Füße leicht angeschwollen sind. So stellen Sie sicher, dass die Schuhe auch nach einem langen Tag noch bequem sitzen und nicht drücken.
Apropos Schuhkauf: Planen Sie ausreichend Zeit für das „Testlaufen“ ein und stellen Sie sicher, dass das bevorzugte Paar nirgends zu eng sitzt oder die Zehen und den Vorderfuß in eine unnatürliche Position zwängt.
Wenn Sie bereits einen beginnenden Hallux valgus haben, können Gymnastikübungen und ein Gymnastikball für die Füße das Fortschreiten der Fehlstellung eindämmen und die Beschwerden lindern.
Gerade im Anfangsstadium lässt sich mit gezielter Fuß-Gymnastik der Hallux valgus etwas eindämmen, sodass es im besten Fall zu keinen starken Schmerzen kommt. Am besten führen Sie die Übungen barfuß aus, so ist der Effekt am wirkungsvollsten. Bauen Sie die folgenden Übungen immer wieder in Ihren Alltag ein:
Um Ihre Zehen zu trainieren, versuchen Sie kleine Gegenstände mit Ihren Zehen zu greifen (z.B. einen kleinen Stein, eine Murmel oder ähnliches). Legen Sie dazu den Gegenstand auf den Boden und versuchen Sie ihn dann abwechselnd mit den Zehen und den Fußballen zu greifen.
Für diese Übung können Sie sich auf einen Stuhl setzen. Nehmen Sie einen Ball (etwa in der Größe eines Volleyballs) und halten Sie diesen für einige Sekunden zwischen Ihren Fußballen fest. Ball senken und wieder anheben. 10 x wiederholen.
Versuchen Sie Ihren großen Zeh nach oben zu strecken, während die anderen Zehen am Boden bleiben.
Zehen spreizen: Lassen Sie nun den größten und kleinsten Zeh am Boden und spreizen Sie nur die mittleren Zehen. Das erfordert ein wenig Übung und Koordination, ist aber sehr effektiv, um die Muskeln dort zu stärken.