KRANKHEITEN & SYMPTOME

Histaminintoleranz: So erkennen Sie Ursachen und Symptome

Teller mit Spezialitäten steht im Vordergrund. Im Hintergrund sind Menschen mit Weingläsern erkennbar. | © Yulia Grigoryeva, Shutterstock
© Yulia Grigoryeva, Shutterstock
Lebensmittel wie Wein, Käse und Salami enthalten große Mengen Histamin und können bei Menschen mit Histaminintoleranz unangenehme Beschwerden auslösen.

Histaminintoleranz zählt zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die von vielen Betroffenen nicht erkannt wird. Ernährungswissenschaftlerin Dr. Petra Ambrosius erklärt, welche Beschwerden auf eine Histaminintoleranz hindeuten und wie die Ernährung nach der Diagnose aussehen sollte.

Lebensmittelunverträglichkeiten haben trotz medizinisch nachgewiesener Beschwerden häufig noch den Ruf von „Trend-Krankheiten“. Dabei sind alleine in Deutschland Millionen Menschen betroffen, wobei mit 15 bis 20 Prozent der Erkrankungen die Laktoseintoleranz die am häufigsten auftretende Unverträglichkeit ist, wie eine wissenschaftliche Studie der Autoren Terjung und Lammert belegt. Die genaue Anzahl der Betroffenen ist jedoch nicht bekannt, da viele die Symptome nicht erkennen.

Rund ein bis drei Prozent der Menschen, die in Deutschland an einer Lebensmittelunverträglichkeit erkrankt sind, leiden an einer Histaminintoleranz. Das Problem: Typische Beschwerden, die der Mangels des Botenstoffs Histamin im Körper mit sich bringt – etwa Kopf- und Bauchschmerzen bis hin zu Hauterkrankungen – werden nicht im Zusammenhang mit einer Histaminunverträglichkeit in Verbindung gebracht. Dabei enthalten viele Nahrungs- und Genussmittel, etwa Wein, Hartkäse oder Schokolade, besonders hohe Mengen des Stoffs und können bei einer Unverträglichkeit neben den genannten Beschwerden sogar Atembeschwerden, innere Unruhe und Schwindel auslösen.

Dr. Petra Ambrosius betreibt seit 1986 ihr Studio für Ernährungsberatung in Wiesbaden und an weiteren Standorten. Im DONNA-Interview erklärt die Ernährungswissenschaftlerin, wie sich eine Histaminintoleranz feststellen lässt und wie Sie Ihre Ernährung nach Diagnose der Unverträglichkeit umstellen sollten.

DONNA Online: Was sind Histamine und in welchen Lebensmitteln kommen sie vor?
Dr. Petra Ambrosius: Histamin ist ein Botenstoff, der sich im Körper selbst bildet und im ganzen Organismus zu finden ist. Zudem kommt Histamin natürlicherweise auch in vielen Lebensmitteln vor. Histamin entsteht in Nahrungsmitteln beim bakteriellen Abbau des Eiweißbausteins Histidin. Besonders leicht verderbliche Lebensmittel wie Fisch oder Fleisch können hohe Histaminwerte aufweisen. Aber auch Lebensmittel, die einem Reifeprozess unterliegen, wie Käse, Salami, Sauerkraut, Wein oder Bier, sind besonders histaminhaltig. Der Konsum histaminhaltiger Nahrungsmittel ist unbedenklich, da das Enzym Diaminoxidase – kurz DAO – das über die Nahrung aufgenommene Histamin rasch abbaut.
 
Welche Symptome deuten auf eine Histaminintoleranz hin?
Circa 2,5 Millionen Deutsche sind von einer Histaminintoleranz betroffen, oftmals ohne davon zu wissen. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Bauchgrimmen (red. Anm.: leichter Bauchschmerz) bis hin zu Hautausschläge, Herzklopfen und Schwindelgefühl – nicht selten in Kombination – können Symptome für eine Histaminintoleranz sein. Diese Symptome sind jedoch nicht spezifisch, sondern können viele Ursachen haben. Viele der Betroffenen deuten ihre Beschwerden daher nicht richtig und vermuten andere Ursachen.
 
Mit welchen Verfahren kann der Arzt bei auftretenden Symptomen eine Histaminunverträglichkeit feststellen?
Im ersten Schritt untersucht der Arzt, ob andere Ursachen (zum Beispiel eine Allergie) als Beschwerdeauslöser in Frage kommen. Wenn andere Ursachen ausgeschlossen wurden, ist das einfachste und erfolgreichste Verfahren zur Feststellung der Histaminunverträglichkeit die sogegannte Auslass- beziehungsweise Eliminationsdiät. Unter ärztlicher Aufsicht wird über einen festgelegten Zeitraum eine histaminarme Diät eingehalten. Bei Vorliegen einer Histaminunverträglichkeit bessern sich die Beschwerden. Die Diagnose kann zusätzlich durch bestimmte Blutuntersuchungen gestützt werden.
 
Lässt sich eine Histaminintoleranz behandeln oder bedeutet die Diagnose zwangsläufig einen lebenslangen Verzicht auf histaminhaltige Lebensmittel?
Basis der Behandlung einer Histaminunverträglichkeit ist die Umstellung auf eine histaminbewusste Ernährungsweise. Trotz aller Disziplin fällt ein Verzicht auf histaminhaltige Lebensmittel nicht immer leicht. Wird dem Körper vor einer histaminhaltigen Mahlzeit DAO (histaminabbauendes Enzym) zugeführt, erhöht sich die Enzymmenge im Dünndarm – und damit die Bereitschaft, überschüssiges Histamin abzubauen. Dieses Enzym kann vor der Mahlzeit nach Bedarf über ein Nahrungsergänzungsmittel (z.B. DAOSIN von STADA) zugeführt werden. Mit derartigen diätetischen Lebensmitteln können Patienten den DAO-Schutzschirm im Dünndarm wieder erhöhen. Das erhöht die Bereitschaft, überschüssiges Histamin abzubauen und lindert die Symptome.

Dr. Petra Ambrosius | © privat
Dr. Petra Ambrosius betreibt seit 1986 in Wiesbaden ihr Studio für Ernährungsberatung.
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Kann eine Histaminintoleranz durch körperliche Veränderungen wie die Wechseljahre plötzlich auftreten oder wieder verschwinden?
In Deutschland sind etwa drei Prozent der Bevölkerung von Histaminintoleranz betroffen, wovon wiederum ca. 80 Prozent Frauen sind. Viele Frauen berichten von einer Verbesserung der Symptome während der Schwangerschaft. In der Schwangerschaft erhöht sich das natürlicherweise vorkommende histaminabbauende Enzym um ein Vielfaches, um den Embryo zu schützen. Nach der Schwangerschaft sind die Histaminprobleme wieder da. Auch das Hormonungleichgewicht während der Wechseljahre kann zu einer zeitweisen Störung im Histaminabbau führen. Wenn die Hormone dann wieder ausgeglichen sind, kann die Histaminabbaustörung wieder verschwinden.

80 Prozent der Betroffenen sind Frauen? Das ist eine ungewöhnlich hohe Anzahl. Wie könne Sie dies begründen?
Die 80 Prozent Frauen sind darüber hinaus mittleren Alters. Über die Ernährung hinaus gibt es verschiedene Einflussfaktoren für die DAO Enzymaktivität beziehungsweise den Histaminabbau. Histamin gehört zur Gruppe der sogenannten biogenen Amine, die auch im Hormonstoffwechsel der Frau, zum Beispiel im Menstruationszyklus, eine Rolle spielen. Vor den Wechseljahren könnte eine Versorgungslücke an den B-Vitaminen oder Vitamin C (zum Beispiel durch die Einnahme der „Pille“) die Enzymaktivität und den Histaminabbau blockieren. Ändert sich der Menstruationszyklus vor oder während der Wechseljahre, ändert sich auch die Wechselwirkung zwischen Hormonsituation und Histamin. Welche Zusammenhänge hier die entscheidende Rolle spielen, ist noch nicht genau bekannt und unterliegt weiteren Untersuchungen. Oft ist es jedoch so, dass gerade Frauen, die mit Symptomen des prämenstruellen Syndroms (PMS) oder den typischen Wechseljahresbeschwerden umgehen müssen, von einer histaminbewussten Ernährung beziehungsweise einem DAO-Enzymersatz über ein Nahrungsergänzungsmittel profitieren.
 
Kann eine Histaminunverträglichkeit durch bestimmte Medikamente ausgelöst werden?
Einige Arzneimittel wie Schmerz-, Rheuma- oder Hustenmittel blockieren die DAO-Aktivität. Dies führt zu einem verminderten Abbau des Histamins und kann die für die Histaminunverträglichkeit typischen Symptome hervorrufen. Eine Liste der betroffenen Medikamente gibt es in der Apotheke.
 
Wie sieht eine ideale Ernährung bei Histaminintoleranz aus?
Mit ein paar Tipps lässt sich die Effizienz der DAO-Aktivität positiv beeinflussen:
1. Auf frische Lebensmittel achten, denn frische Lebensmittel enthalten natürlicherweise wenig oder kein Histamin.
2. Frische Lebensmittel mit Vollkornprodukten, Gemüse und Obst versorgen den Körper ausreichend mit den Vitaminen B und C, die wiederum die DAO-Bildung im Darm unterstützen und damit den natürlichen Histaminabbau fördern.
3. Auf Alkohol verzichten.

Wie sieht es beim auswärts essen aus: Ist ein Restaurantbesuch mit Histaminintoleranz überhaupt möglich?
Auf alles zu verzichten macht keinen Spaß. Denn beim Restaurantbesuch stehen Entspannung und Genuss im Vordergrund. Wer die Speisekarte des gewählten Restaurants kennt, kann gezielt die Lieblingsspeisen auswählen. Bei Bedarf das Enzym DAO durch ein Nahrungsergänzungsmittel ergänzen. Vor dem Verzehr eingenommen, sind schmackhafter Rotwein, eine köstliche Pizza, frische Erdbeeren oder die leckere Käseplatte so besser für den Körper verträglich.