Plötzlich auftretende Hörprobleme oder ein seltsames Taubheitsgefühl im Ohr sollten Sie ernst nehmen: Häufig steckt ein Hörsturz dahinter – und der sollte sofort behandelt werden. DONNA Online erklärt, welche Ursachen die Funktionsstörung des Innenohrs haben kann und wie Sie richtig vorbeugen.
Plötzlich klingt alles merkwürdig dumpf. So als hätte man einen Ohrstöpsel oder einen Wattebausch in den Gehörgang gesteckt – oder als wäre man gerade auf einem Tauchgang unter Wasser. In etwa so beschreiben Betroffene, wie sich ein Hörsturz anfühlt. Welche Faktoren einen sogenannten Ohrinfarkt auslösen können, wie gut sich die aktue Innenohrfunktionsstörung behandeln lässt und wie Sie frühzeitig vorbeugen können, erklären wir hier.
In Deutschland erleiden laut aktuellen Angaben der HNO-Ärzte im Netz rund 150 000 Menschen jährlich einen Hörsturz, eine Durchblutungsstörung des Innenohrs. Wer selbst noch keinen Hörsturz erlebt hat, kann sich schwer vorstellen, wie sich die Hörstörung äußert. Typisches Symptom: Ein Hörsturz, auch Innenohrschwerhörigkeit oder Ohrinfarkt genannt, tritt ganz plötzlich auf. Von einer Sekunde auf die nächste hören Betroffene deutlich schlechter oder fast gar nichts mehr – meist nur auf einem Ohr. Schmerzen treten üblicherweise nicht auf. In schwerwiegenden Fällen setzt das Gehör einseitig ganz aus, ein leichter Hörsturz bleibt dagegen oft unbemerkt – oder der Betroffene nimmt die Hörminderung erst verzögert wahr, wenn der Ohrinfarkt nur einzelne Frequenzbereiche des Gehörs betrifft.
Viele Patienten schildern, dass ein Hörsturz sich so anfühlt, als hätte man „Watte im Ohr“ – ein dumpfes Gefühl, als wäre ein Fremdkörper ins Ohr eingedrungen und würde seine Funktion beeinträchtigen. Begleitet werden die typischen Symptome bei rund 85 Prozent der Betroffenen von einem Tinnitus, einem nicht lokalisierbaren Summen, Pfeifen oder Brummen im Ohr oder ähnlichen Ohrgeräuschen, die meist in einem unangenehm hohen Frequenzbereich liegen. Seltener treten als Begleiterscheinungen ein Druckgefühl im betroffenen Ohr, Schwindel, Benommenheit und verzerrtes Hören auf.
Bemerken Sie eines oder mehrere dieser Symptome, sollten Sie dringend einen HNO-Arzt aufsuchen. Häufig geraten Betroffene in Panik, wenn ein Taubheitsgefühl oder Hörverlust im Ohr eintritt – dieser Stress kann das Fortschreiten des Ohrinfarkts aber zusätzlich beschleunigen und verschlimmern. Im Fall eines mutmaßlichen Hörsturzes gilt deshalb: Ruhe bewahren und professionelle Hilfe suchen.
Bei einem Ohrinfarkt kommt zu einer Durchblutungsstörung des Innenohrs, aufgrund der es nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Das wiederum beeinträchtigt die Funktion der feinen Haar- und Sinneszellen im Innenohr, die Hörreize aufnehmen. Die Folge: Das Ohr kann Töne nicht mehr richtig verarbeiten und an das Gehirn übermitteln, was sich bei Betroffenen mit leichten Hörstörungen, aber auch einem kompletten Hörverlust äußern kann.
Die Ursachen für einen Ohrinfarkt sind wissenschaftlich bislang noch nicht eindeutig geklärt. Experten gehen jedoch davon aus, dass dabei mehrere körperliche, aber auch psychische Faktoren zusammenspielen:
Wer am Arbeitsplatz oder im Privatleben viel um die Ohren hat, trägt ein höheres Risiko, einen Hörsturz zu erleiden. Emotionaler Dauerstress führt zu einer erhöhte Ausschüttung von Adrenalin im Körper. Dieses Hormon verengt die Blutgefäße und drosselt bzw. unterbindet die Blutversorgung im Innenohr. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen Ohrinfarkt.
Wirbelsäulenprobleme sind ein wesentlicher Risikofaktor für einen Hörsturz, beispielsweise Verschleißerscheinungen der Halswirbel, die etwa durch ein Schleudertrauma bei einem Unfall entstehen können. Auch Blutdruckschwankungen, Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Herzerkrankungen oder die Gefäßveränderungen im Innenohr nach einem Schlaganfall können die Funktionsstörung des Innenohrs auslösen.
Bakterielle Infektionen wie Borreliose, eine Mittelohrentzündung oder Virusinfektionen wie Influenza, Masern, Mumps oder HIV können die Hörzellen schädigen und die Durchblutung des Ohrs verschlechtern. Eine kürzlich überstandene Infektion kann das Hörsturzrisiko ebenfalls erhöhen.
Eine unterschätzte Gefahr für das Hörvermögen ist das Heben und Tragen schwerer Lasten. Dabei kann das sensible „Fenster“ am Innenohr (Fenestra cochleae) verletzt werden, eine kleine, runde Öffnung im Knochen, die das Innen- mit dem Mittelohr verbindet. Hat die feine Membran Risse, können Schallwellen nicht mehr korrekt ins Innenohr übertragen werden. In der Folge kann zudem Perilymphe – die Flüssigkeit, die sich im Innenohr befindet – austreten und eine Perilymphfistel bilden, die unter anderem Ohrengeräusche, Gleichgewichts- und Hörstörungen auslöst.
Besteht der Verdacht auf einen Hörsturz, nimmt der behandelnde Arzt einige Untersuchungen vor: Zuerst fragt der Mediziner danach, welche Symptome auftreten und wie lange sie bereits andauern. Ebenso wichtig für die Diagnose sind Informationen zur Einnahme von Medikamenten und Vorerkrankungen, denn auch diese Faktoren können für einen Ohrinfarkt verantwortlich sein.
Anschließend untersucht der HNO-Arzt das betroffene Ohr mit einem Ohrmikroskop. In der Regel werden Patienten bei Verdacht auf einen Ohrinfarkt einem Hörtest und einer Tonaudiometrie unterzogen, die das Ausmaß und den Frequenzbereich des Hörverlustes bestimmt. Alternativ können die Funktion der Gehörnerven und der damit verbundenen Hirnareale mit einer Hirnstamm-Audiometrie geprüft werden. Bei akutem Hörverlust ist von dieser Diagnosemethode allerdings abzuraten, da das Ohr dabei einer großen Lautstärke ausgesetzt wird. Durch weitere Tests schließt der HNO-Arzt zudem aus, ob der Hörsturz die Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung ist – beispielsweise einer Herpesinfektion, Hirnhautentzündung, Multipler Sklerose oder eines Tubenkatarrhs am Ohr. Bei Virusinfektionen etwa können Virostatika oder Antibiotika die Entzündung eindämmen.
In den meisten Fällen klingt ein Hörsturz innerhalb weniger Tage von alleine ab. Handelt es sich allerdings um einen akuten oder schweren Hörsturz oder liegt bereits eine Gehörschädigung vor, sollte der Patient gegebenenfalls weiterbehandelt werden, um einen dauerhaften Hörverlust zu verhindern. Bislang sind die Therapiemöglichkeiten nach einem Hörsturz allerdings begrenzt. Ist der Gehörsinn erst einmal geschädigt, kann er mit technischen oder medikamentösen Verfahren nicht wieder hergestellt werden. Einzige Hoffnung bei schweren Hörschäden: Hörgeräte oder Hörimplantete, die mit modernen Technologien das Hörvermögen und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern und einen normalen Alltag ermöglichen.
Handelt es sich bei der Hörbeeinträchtigung um die Folge einer Entzündung, kann der „Entzündungsherd“ mit sogenannten Glukokortoiden behandelt werden, einem Kortisonpräparat, das abschwellend und entzündungshemmend wirkt. Das Medikament kann in Form von Tabletten, einer Infusion oder Spritze verabreicht werden. Liegt eine Verletzung des runden „Fensters“ im Innenohr vor, muss dieses durch eine Operation abgedichtet werden, um Infektionen zu verhindern.
Damit es erst gar nicht zu einem Ohrinfarkt und einer möglicherweise dauerhaften Schädigung des Hörsinns kommt, sollten Sie Ihre Ohren mit folgenden Maßnahmen dabei unterstützen, gesund und voll funktionstüchtig zu bleiben:
Stress reduzieren
Lärm vermeiden – oder die Ohren beispielsweise auf Konzerten oder bei lauter Gartenarbeit mit einem entsprechenden Gehörschutz (z.B. Ohrstöpseln) schützen
parallele Geräuschquellen (z.B. Gespräche bei Musik oder Straßenlärm) vermeiden
leise Elektrogeräte anschaffen
sich bei unvermeidbarer Lärmbelästigung von der Geräuschquelle entfernen und die Ohren rechtzeitig schützen
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