Seit Jahrhunderten ist Ölziehen eine Methode in der ayurvedischen Lehre, um den Körper von Giftstoffen zu reinigen und die Zahngesundheit zu verbessern. Heute erfreut sich das Heilverfahren auch in der westlichen Welt zunehmender Beliebtheit. Wir erklären, wofür Sie Ölziehen nutzen können, welche Öle sich am besten dafür eignen und wie Sie die Ölkur ganz einfach zu Hause anwenden können.
Der klassische Einsatzbereich von Öl ist die Küche – wir verwenden Olivenöl, Sonnenblumenöl und Co. tagtäglich in der Küche zum Kochen, Braten oder für Salatdressings. In der ayurvedischen Lehre wird Öl hingegen seit mehreren Jahrhunderten als Wundermittel für die Zahn- und Zahnfleischgesundheit und die Stärkung des Organismus eingesetzt. Das sogenannte Ölziehen erlebt auch hierzulande eine Welle der Beliebtheit und wird von Anhängern alternativer Heilmethoden als hocheffektiv angepriesen. Wir erklären, wie Ölziehen funktioniert und welche Öle für die Anwendung geeignet sind.
In Zeiten von Detox-Säften, Suppenkuren und Aktivkohle-Smoothies sind Entgiftungskuren zum Gesundheits-Trend geworden. Und das, obwohl die Wirkung der meisten Heilmethoden oder die Existenz der angeblichen Schlacke im Körper medizinisch nicht belegt sind. Nicht bestreiten lässt sich aber, dass die Integration bestimmter Nahrungsmittel und Heilverfahren in den Alltag nach längerer oder gar dauerhafter Anwendung einen positiven Effekt auf den Stoffwechsel und das allgemeine Wohlbefinden haben kann.
Eine der beliebtesten Entgiftungsmethoden ist das sogenannte Ölziehen, das seine Anfänge bereits vor mehreren Jahrhunderten in den Lehren des indischen Ayurveda nahm und auch in der ukrainischen sowie russischen Volksmedizin traditionell angewendet wird. Indem Öl im Mund einige Minuten lang zwischen den Zähnen durchgezogen und der Mundraum damit gespült wird, bindet das Fett dort befindliche Giftstoffe wie Keime und Bakterien, die wir durch Nahrung aufnehmen. Lagern sich zu viele solcher Bakterien an, zum Beispiel das Karies-Bakterium Streptococcus mutans, entstehen Mundgeruch, Zahn- und Zahnfleischschäden wie Karies, Parodontose oder Zahnbelag. Gelangen diese Schadstoffe dann nicht nur in den Mundraum, sondern auch in den Verdauungstrakt, können Verdauungsstörungen oder Kopfschmerzen mögliche Folgen sein.
Anhänger des Ölziehens sehen die Ayurveda-Methode als wirkungsvolles Mittel gegen fast sämtliche Gesundheitsbeschwerden an. Die Wirkung der Ölkur kann wissenschaftlich bislang jedoch nicht bestätigt werden. Unbestritten hilfreich ist Ölziehen hingegen für die Mundgesundheit. So belegen zahnmedizinische Studien wie ein Forschungsergebnis des Nigerian Medical Journal den positiven Effekt von regelmäßigem Ölziehen auf Zähne, Zahnfleisch und die Mundflora im Allgemeinen.
Doch auch der Einfluss der Ölzieh-Methode auf andere gesundheitliche Bereiche wird von Heilpraktikern und Anwendern gepriesen: Das Hin- und Herziehen von Öl im Mundraum aktiviert dort befindliche Drüsen, die wiederum die Giftstoff-Ausscheidung des Körpers anregt. Daher soll regelmäßiges Ölziehen die Stoffwechselfunktion verbessern und Krankheiten vorbeugen – denn die ganzheitliche Medizin geht davon aus, dass die Zähne mit anderen Körperregionen und Organen verknüpft sind. Geht es also unseren Zähnen gut, so wirkt sich dieser Zustand gleichermaßen auf die mit ihnen verbundenen Organe aus. Ölziehen soll bei regelmäßiger Anwendung Hautprobleme, beispielsweise Akne und Schuppenflechte, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen, Blasenbeschwerden, Herz-, Nieren- und Lungenerkrankungen, Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen, Bronchitis, chronische Atemwegserkrankungen und sogar Rheuma lindern. Aufgrund der basischen Wirkung der Öle soll Ölziehen zusätzlich den Säuren-Basen-Haushalt verbessern, der bei Frauen oftmals durch die hormonelle Umstellungen in den Wechseljahren aus dem Gleichgewicht gerät.
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Grundsätzlich können Sie jedes pflanzliche Öl, das verzehrgeeignet ist, für die Ayurveda-Methode verwenden. Achten Sie beim Kauf darauf, dass es sich um ein hochwertiges, möglichst kalt gepresstes Öl handelt. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkungen einzelner Öle ist es ratsam, eine Ölsorte zu wählen, die auf Ihre Bedürfnisse und Beschwerden abgestimmt ist:
Das Öl wirkt antibakteriell, entzündungshemmend und kann so Keime und Bakterien im Mundraum eindämmen. Im Vergleich zu anderen Ölsorten ist es für das Ölziehen vor allem aufgrund seines angenehm exotischen Aromas beliebt. Umweltschützer kritisieren jedoch, dass die Verwendung von Kokosöl ökologisch bedenklich ist: Da die Kokosnüsse für das bei uns erhältliche Kokosöl meist von den Philippinen, aus Indien oder Indonesien stammen, legt das Öl einen weiten Weg bis in deutsche Bio- oder Drogeriemärkte zurück. Das kostet nicht nur wesentlich mehr Geld und Energie, als auf regionale Ölerzeugnisse zurückzugreifen, sondern schadet auch dem Ökosystem: Aufgrund der wachsenden Nachfrage holzen Kokos-Lieferanten große Teile der Regenwälder ab, um die Flächen für Kokos-Monokulturen nutzen zu können. Bevorzugen Sie deshalb hochwertiges, Bio-zertifiziertes Kokosöl, das nicht industriell gehärtet wurde. Achten Sie beim Kauf darauf, dass der Anbau auf nachhaltigen Bio-Plantagen und unter fairen Arbeitsbedingungen stattfindet.
Aus Leinsamen gewonnenes Öl ist reich an wertvollen ungesättigten Fettsäuren, die im Mundraum ihre entzündungshemmende Wirkung entfalten. Daher ist Leinöl besonders gut geeignet, wenn Sie mit dem Ölziehen vorrangig Beschwerden an Zähnen, Zahnfleisch und im Rachen behandeln wollen. Leinöl ist allerdings bekannt dafür, einen eher unangenehmen Geschmack im Mund zu hinterlassen. Um das Ölziehen angenehmer zu machen, können Sie auf eine Kombination aus gleichen Teilen von Sonnenblumenöl und Leinöl zurückgreifen.
Das aus Sesamsamen gewonnene Öl wird traditionell beim Ölziehen im Ayurveda verwendet. Zu den positiven Inhaltsstoffen, mit denen Sesamöl beim Ölziehen punktet, zählen knochen- und zähnestärkendes Kalzium sowie die Antioxidanzien Sesamol und Sesamolin.
Aufgrund der enthaltenen Vitamine A, B, D und E ist Sonnenblumenöl ein besonders wertvolles Öl zum Ölziehen. Es stärkt Zähne, Knochen und Gelenke durch die Mineralstoffe Phosphor, Silizium und Kalzium. In der ukrainischen und russischen Volksmedizin wird es traditionell beim Ölziehens angewendet.
Wichtigste Grundlage beim Ölziehen: Führen Sie die Ölkur immer auf nüchternen Magen durch, also noch vor dem morgendlichen Zähneputzen. Idealerweise haben Sie auch noch nichts getrunken – das heißt auch mit dem ersten Kaffee oder Tee des Tages sollten Sie noch warten.
Nehmen Sie etwa ein bis zwei Teelöffel des gewählten Pflanzenöls in den Mund, das Sie anschließend durch das Hindurchziehen zwischen den Zähnen, Spülen, Kauen und Saugen immer in Bewegung halten.
Das Öl sollte bestenfalls 15 bis 20 Minuten im Mund bleiben, jedoch keinesfalls geschluckt werden, da im Öl gebundenen Giftstoffe ansonsten mit verschluckt werden. Wenn Sie 20 Minuten anfangs nicht durchhalten, starten Sie mit fünf- bis zehnminütigem Ölziehen. Haben Sie die Ayurveda-Methode bereits einige Male durchgeführt, werden Sie schnell merken, dass Sie sich auch mit einer längeren Verweildauer des Öls im Mund anfreunden können.
Spucken Sie das Öl nach dem Ölziehen aus. Sie werden feststellen, dass sich das einst klare Öl milchig verfärbt hat und eventuell dunkler geworden ist. Daran erkennen Sie, dass die Ölkur tatsächlich effektiv Schadstoffe gebunden hat.
Spülen Sie Ihren Mund anschließend gründlich mit klarem, lauwarmem Wasser aus – am besten in mehreren Durchgängen, um die Reste des Öls mit den darin enthaltenen Schadstoffen im Mundraum vollständig zu beseitigen.
Nach der Mundspülung können Sie wie gewohnt Ihre Zähne putzen.
Bei täglicher Anwendung macht sich bereits nach rund vier bis fünf Tagen ein Effekt bemerkbar: Die Zähnen fühlen sich sauberer, glatter und allgemein gesünder an. Wenn Sie das Ölziehen nicht dauerhaft, sondern mehrmals jährlich als Entgiftungskur nutzen wollen, eignet sich ein Zeitraum von zehn bis 20 Tagen, in denen Sie jeweils morgens die Ölreinigung durchführen.
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