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Schmerztherapie: Linderung durch Taping

Ausgestrecktes Frauenbein mit Tapeverband | © Shutterstock
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Taping mit Kinesio-Tapes verspricht Linderung bei Schmerzen

Ob Rückenschmerzen, Mausarm oder Hallux – Mediziner setzen immer öfter auf Tapes und Latexbänder, um die Beschwerden zu lindern. DONNA beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Taping.

Vor allem im Sommer sind sie vermehrt bei sportlichen Groß-Events zu sehen – bei den Fußball Europameisterschaften oder gar den Olympischen Sommerspielen: quietschbunte Klebestreifen an Rücken, Schenkeln, Fuß- und Kniegelenken der Sportler. Aber auch normale Patienten bekommen immer öfter die neonfarbenen Stripes verpasst – Sportmediziner, Orthopäden und Physiotherapeuten nutzen die Bänder vermehrt, um diverse Beschwerden zu lindern. Inzwischen wird nicht nur getapt, sondern auch gewickelt: Beim Medical Flossing werden Gelenke mit einem Gummiband abgebunden. Wir haben hier neun wichtige Fragen zum Thema beantwortet:

1. Tapes: Wozu eigentlich bunte Bänder?

Entwickelt wurden die Kinesio-Tapes bereits Ende der 70er von dem japanischen Chiropraktiker Kenzo Kase. Weil ihm klassische Bandagen zu starr waren, erfand er elastische Baumwollbänder, die er auf den Körper klebte. Sie sind wie die menschliche Haut: dehnbar und trotzdem stabil. Die Farben sollen keinen therapeutischen Effekt haben.

2. Welche Beschwerden lassen sich mit Tapes lindern?

Verletzungen, zum Beispiel Muskelfaserrisse, Schmerzen im Nacken und unteren Rücken, Schulterprobleme, Überlastungsschäden wie Springerknie, Sehnenscheidenentzündungen, Mausarm oder Tennisellenbogen. Der Sportmediziner Dr. Thorsten Schiffer, Leiter der Ambulanz für Sporttraumatologie und Gesundheitsberatung der Sporthochschule Köln, weist zwar darauf hin, dass es bislang nur wenige Studien gibt, die einen nachweislichen Effekt belegen, erklärt aber, dass er selbst häufig mit dem Tape arbeitet, „schon weil es keine Nebenwirkungen hat, wie etwa eine langfristige Therapie mit Schmerzmitteln. Oft versucht man auch erst mal, damit eine Linderung von Beschwerden zu erreichen, beispielsweise bei einem Hallux valgus, bevor man operiert. Es kommen viele Patienten, die so behandelt werden möchten.“

3. Was soll mit Taping erreicht werden?

Die Tapes helfen zum Beispiel dabei, dass die betroffenen Körperteile wieder normal bewegt werden können und man so aus einer schädigenden Schonhaltung herauskommt. Bei Blockaden im Rücken etwa spannt sich ein Muskel an, um das blockierte Segment zu schützen, was als Schmerz wahrgenommen wird. Dadurch, dass die Blockierung mit der Muskulatur quasi fixiert wird, verstärkt sich das Ganze noch – und schon ist man drin im Teufelskreis des chronischen Rückenschmerzes. Die Therapie, so Dr. Schiffer, bestehe darin, das blockierte Bewegungssegment zunächst zu mobilisieren. Ein Tape kann helfen, dass der Patient erst gar nicht wieder eine unnatürliche Haltung einnimmt. Zudem werden durch die Eigenelastizität des Bandes die obersten Hautschichten leicht angehoben und bei Bewegung sanft massiert; so werden Blutfluss und Lymphabfluss begünstigt und verletzte Areale besser durchblutet, was den Heilungsprozess fördert. Auch Schwellungen können durch diesen Bewegungsreiz schneller zurückgehen.

4. Bringt der Druck der Tapes eine Schmerzlinderung?

Ja. Fällt man aufs Knie, reibt man sich automatisch die Haut. Ähnlich funktioniert ein Tape: Indem man die Haut etwas aufstellt und die Druckrezeptoren darunter reizt, verringert man den Schmerz. Druckrezeptoren werden im Körper schneller weitergeleitet als Schmerzrezeptoren – und diesen Vorfahrtaspekt nutzt so ein Band, das ja einen permanenten Berührungsreiz ausübt. Folge: Der Schmerz lässt nach.

5. Gelangt man mit Taping in tiefe Schichten des Bindegewebes?

Manche Experten gehen davon aus. Man spricht hier vom myofaszialen Taping. Der Koblenzer Physiotherapeut Andreas Ahlhorn erklärt, dass es verschiedene spiralförmige und lineare Ketten im Körper gibt – etwa eine diagonale vom linken Großzeh bis hin zum rechten Daumen. Das ist kein Band, das da durchläuft, sondern es handelt sich um Muskelschlingen und bandhafte Strukturen, die miteinander verbunden sind. Verspüre man beim Armheben Schmerzen in der Schulter, könne es Sinn machen, neben einem Tape an der Schulter weitere an Unterarm, Brustkorb oder gegenüberliegender Hüfte, also an der entsprechenden Kette anzubringen, so Ahlhorn. Oft kombiniert er das mit Yogaübungen. „Die Asanas haben ihren Ursprung häufig in diesen Ketten, daher erzielt man so intensive Dehnungen.“ Verbindungen zwischen Haut und Faszien sowie zwischen Faszien und den darunterliegenden Muskeln bestätigt auch Dr. Schiffer. „Somit ist es naheliegend, dass man mit einem Tape auf der Haut den Muskel erreichen kann.“

6. Wie lang trägt man ein Band und kann man sich selbst tapen?

Es bleibt so lange dran, bis es von allein abgeht, also etwa bis zu einer Woche. Duschen ist kein Problem. Von eigenständigem Tapen raten Experten ab. Zunächst sollte eine Diagnose gestellt werden. Wenn der Arzt oder der Physiotherapeut einem die Handhabung gezeigt hat, kann man das Tape an manchen Körperteilen, etwa an Wade oder Knie, auch selbst anlegen.

7. Was ist Medical Flossing?

Diese neue Technik leitet sich ab vom „Vodoo Flossing“, bei dem Trainer in den USA Fahrradschläuche um Gelenke wickelten, um Schwellungen zu reduzieren und Bewegungen zu erweitern. Andreas Ahlhorn und sein Kollege Ralf Blume wollten das auch in der Medizin einsetzen und entwickelten „Medical Flossing“ (medical-flossing.de), das mit einem Latexband arbeitet und vor allem zur Schmerzreduktion und Erweiterung von Bindegewebsschichten eingesetzt wird.

8. Wie funktioniert Medical Flossing?

Grundsätzlich wird von körperfern nach körpernah gewickelt – bei einem Mausarm etwa von der Hand um den Unterarm bis über den Ellbogen. Je nach therapeutischer Zielsetzung wird entschieden, wo man mehr Zug aufs Band und damit mehr Druck aufs Gewebe gibt. So versucht man, wie bei der Lymphdrainage, Flüssigkeiten zu verschieben. Das umwickelte Körperteil lässt man bestimmte Bewegungen ausführen oder stimuliert es manuell. Auch Muskeln, die (etwa nach dem Training) ermüdet sind, werden durch das Latexband wie ein Schwamm ausgepresst, damit sie sich danach wieder mit Flüssigkeit vollsaugen können. Das hat einen regenerativen Effekt. Die Behandlung dauert bis vier Minuten und sollte zunächst nur von einem Therapeuten durchgeführt werden. Nach Anleitung kann man dann auch selbst Hand anlegen.

9. Wogegen hilft das Abschnüren beim Medical Flossing?

„Wenn man umgeknickt ist, eine Zerrung oder eine chronische Schwellung hat, lässt sich gut mit dem Band intervenieren, besonders an den oberen und unteren Extremitäten“, so Ahlhorn. Man nutzt die Kompression zudem, um Verklebungen und Vernarbungen, etwa durch ältere OPs, aufzudehnen. Wie beim Tape arbeitet man hier ebenfalls mit dem Triggern der Druckrezeptoren, was Schmerzen reduzieren kann. Flossing & Taping: Übernehmen die Kassen die Kosten? Nein. Ein Tape kostet bis etwa 10 Euro. Flossing lässt sich jedoch in eine Physiotherapie einbinden, sodass für die Patienten keine Mehrkosten entstehen.