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Schwanger über 40: Was Frauen mit Kinderwunsch jetzt beachten sollten

Mutter küsst ihr kleines Baby | © Bonnie Kittle, Stocksnap.io
© Bonnie Kittle, Stocksnap.io
Mit über 40 schwanger zu werden, ist auch auf natürlichem Weg möglich – die Wahrscheinlichkeit sinkt jedoch mit jedem Jahr.

Heute ist es keine Seltenheit mehr, dass Frauen mit 40 oder später ihr erstes Kind bekommen – doch je älter die Mutter ist, desto mehr Risiken birgt die Schwangerschaft. Im Interview klärt Reproduktionsmediziner Prof. Würfel die wichtigsten Fragen zu einer späten Schwangerschaft.

Während es für die Generation unserer Eltern und Großeltern noch üblich war, mit Anfang 20 zu heiraten und kurze Zeit später mit der Familienplanung zu beginnen, haben sich die Zeiten inzwischen geändert: Viele Frauen wollen nach Ausbildung oder Studium erst einmal beruflich durchstarten, Karriere machen oder sich etwa mit einer längeren Reise selbst verwirklichen, bevor sie daran denken, eine eigene Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Vielen Frauen mit Kinderwunsch fehlt dagegen der richtige Partner – und wenn dieser dann gefunden ist, gilt es schnell zu entscheiden: Bereits mit Mitte 30 nimmt die Fruchtbarkeit bei Frauen Jahr für Jahr ab.

Auf natürlichem Wege wird die Chance auf eine natürliche Schwangerschaft mit 35 und älter immer geringer. Und auch, wenn es mit 40plus klappt, schwanger zu werden, gilt es einige gesundheitliche Hürden zu überwinden, die eine späte Schwangerschaft für Mutter und Baby mit sich bringt. Welche Risiken eine Schwangerschaft ab 40 birgt und weitere wichtige Informationen, die Sie bei einem späten Kinderwunsch bedenken sollten, erklärt Prof. Dr. Dr. Wolfgang Würfel. Der Reproduktionsmediziner ist seit 1985 in dem von ihm mitbegründeten Kinderwunsch Centrum in München-Pasing tätig.

DONNA Online: Prof. Würfel, bereits mit 30 nimmt die Fruchtbarkeit allmählich ab – wie hoch ist statistisch gesehen die Chance, mit 40plus auf natürlichem Weg schwanger zu werden?
Prof. Wolfgang Würfel: Die Fruchtbarkeit einer Frau nimmt langsam ab, zu Recht wie Sie sagen ab 30. Man sieht das an den Erfolgsraten der künstlichen Befruchtung. Nach dem 40. Lebensjahr nehmen diese Erfolgsraten Jahr für Jahr dramatisch ab. Das ist auf natürlichem Wege nicht anders: Die Chancen einer Patientin, die noch nicht geboren hat, ab 40 schwanger zu werden, liegt bei etwa fünf bis acht Prozent pro Zyklus, bei einer 45-Jährigen vielleicht bei ein bis zwei Prozent.

Welche Risiken sind für Frauen mit einer späten Schwangerschaft verbunden?
Ein erhöhtes mütterliches Alter für eine Schwangerschaft geht einerseits mit zunehmenden genetischen Risiken im Hinblick auf den Embryo einher. Mit anderen Worten: Trisomien wie die Trisomie 21, 18 oder 13 steigen deutlich an. Zu tun hat das mit dem Alter der Eizellen, denn Eizellen werden nicht neu gebildet, sondern sind stets so alt wie die Patientin selbst. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sogenannte „Schwangerschaftsvergiftungen“ mit zunehmendem Lebensalter der Frau, wenn sie noch nicht geboren hat, zunehmen. Man nennt das medizinisch Präeklampsien.

Inwiefern kann sich das Alter der Mutter medizinisch betrachtet negativ auf das Kind auswirken?
Dies ergibt sich eigentlich aus der vorigen Frage – ob man das als „negativ“ bewerten kann, das lasse ich dahingestellt. Es ist allerdings richtig, dass Präeklampsien sich schon auf den Schwangerschaftsverlauf auswirken, nämlich im Hinblick auf die Frühgeburtlichkeit und Mangelentwicklungen. Man sollte die Häufigkeit allerdings nicht „überdramatisieren“.

Prof. Dr. Dr. Wolfang Würfel ist seit 1985 in dem von ihm mitbegründeten Kinderwunsch Centrum in München in der Reproduktionsmedizin tätig.
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Prof. Dr. Dr. Wolfang Würfel ist seit 1985 in dem von ihm mitbegründeten Kinderwunsch Centrum in München in der Reproduktionsmedizin tätig.
Foto: Kinderwunsch Centrum München

Macht es einen Unterschied, ob eine Frau mit 40plus ihr erstes Kind erwartet oder in diesem Alter schwanger wird, nachdem sie bereits eine oder mehrere Geburten hinter sich hat?
Ja, es macht einen Unterschied, ob eine Frau mit 40plus ihr erstes Kind erwartet oder ob sie schon mehrere Geburten hinter sich hat. Es ist bekannt, dass man umso leichter schwanger wird, je öfter man geboren hat – die Altvorderen wussten das nur zu gut. Beispiel: Eine Frau mit zehn bis 15 Kindern – wie es früher üblich war – wusste stets zu berichten, dass die Abstände zwischen den Schwangerschaften immer geringer wurden, obwohl die Frau doch immer älter wurde – so dass eigentlich das Gegenteil der Fall sein müsste.

Welche Tipps geben Sie Frauen 40plus, die aufgrund eines Kinderwunschs zu Ihnen kommen?
Frauen, die mit 40plus aufgrund eines Kinderwunsches zu uns kommen, müssen sehr realistisch sein im Hinblick auf das, was die Reproduktionsmedizin leisten kann, zumindest in Bezug auf ein genetisch eigenes Kind. Hier sollte man keine übertriebenen Erwartungen haben. Und man sollte das „plus“ nicht zu groß werden lassen – 41 hat eben noch eine wesentlich günstigere Prognose als 43.

Gibt es gesundheitliche Zustände oder Erkrankungen, bei denen Sie älteren Frauen unbedingt von einer Schwangerschaft abraten?
Natürlich gibt es Allgemeinerkrankungen bei denen man von einer Schwangerschaft abraten würde. Das wären zum Beispiel Autoimmunerkrankungen wie ein systemischer Lupus erythematodes oder ähnliche. Allerdings wirklich massive Erkrankungen – sieht man einmal von bösartigen Erkrankungen ab – bei denen man abraten muss, gibt es nur wenige. Manche Autoimmunerkrankungen verbessern sich ja zum Beispiel in der Schwangerschaft, wie etwa die Multiple Sklerose oder die primär chronische Polyarthritis (PCP).

Sollten Frauen, die mit 40plus schwanger werden, während der Schwangerschaft häufiger zur Vorsorge kommen?
Die Schwangerschaft mit 40plus gilt als „Risikoschwangerschaft“. Allein schon deswegen ergibt sich die Vorgabe, häufiger zur Schwangerschaftsvorsorge zu kommen. Ich rate dazu, auch grundsätzlich aus psychologischen Gründen.

Ist bei einer Schwangerschaft mit 40plus eine natürliche Geburt möglich – oder raten Sie in solchen Fällen zu einem Kaiserschnitt?
Natürlich ist bei einer Schwangerschaft mit 40plus eine natürliche Geburt möglich, man sollte sie auch anstreben. Zu einer primären Sectio (red. Anmerkung: Kaiserschnitt) rate ich definitiv nicht, zumindest nicht aufgrund des Alters.

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