Ein ausgeglichener Säure-Basen-Haushalt ist die Grundlage unserer Gesundheit: Wer das Richtige isst und Übersäuerung gezielt abbaut, kann auch Wechseljahresbeschwerden mildern.
Schweißausbrüche, durchwachte Nächte, Gewichtszunahme und gedrückte Stimmung: Kaum eine Frau kommt heute völlig problemlos durch die Wechseljahre. Früher galten verschreibungspflichtige Hormonersatzpräparate als einfache und schnelle Lösung, um den natürlichen Abfall des Östrogenspiegels abzupuffern. Inzwischen sehen viele Mediziner diese künstlichen Hormonpräparate jedoch kritisch, da sie mit einem erhöhten Risiko für Herz‐Kreislauf‐Erkrankungen und der Entstehung bestimmter Krebsarten in Verbindung gebracht werden.
Sanfte Alternativen bieten naturheilkundliche Therapien. Vor allem der Ausgleich des Säure-Basen‐Haushalts soll typische Wechseljahresbeschwerden deutlich verringern und auch die oft schwankende Stimmungslage stabilisieren können. Gut, an Säuren und Basen erinnern wir uns noch dunkel aus dem Chemieunterricht, aber was hat es eigentlich damit auf sich? Wie entsteht ein Säureüberschuss im Körper, warum schadet er uns und wie kann man das Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen wiederherstellen? „Alles was wir essen, wird im Körper je nach Zusammensetzung der Lebensmittel zu Säuren oder Basen verstoffwechselt“, erklärt die Mannheimer Heilpraktikerin Sabine Wacker, die sich auf das Thema Säure‐Basen‐Balance spezialisiert und das sogenannte Basenfasten entwickelt hat.
Achtung, jetzt kommt ein bisschen Chemie: Säuren sind in der Lage, positiv geladene Teilchen, sogenannte Protonen, abzugeben, während Basen Protonen aufnehmen. Nur, wenn beide Stoffe in ausgewogener Menge vorhanden sind, besteht ein stabiles Milieu im Blut und in den Körperzellen. Dann spricht man von einem ausgeglichenen Säure‐Basen‐Haushalt. „Kommt es durch ungünstige Lebens‐ und Essgewohnheiten zu einem Säureüberschuss, äußert sich das langfristig durch funktionelle Störungen, die man etwa an einem schlechten Hautbild, Verdauungsproblemen oder starker Abgeschlagenheit erkennt“, so Sabine Wacker.
Viel Stress, wenig Bewegung, ein Speiseplan mit viel Fleisch, Wurst, Weißmehlprodukten, Kaffee und Süßigkeiten: All diese Faktoren sorgen für einen Überschuss an Säuren. „Auch den Einfluss der psychischen Belastung auf den Säure‐Basen‐Haushalt während der Wechseljahre sollte man nicht unterschätzen“, sagt der Allgemeinarzt Dr. Ingfried Hobert, Experte für Ganzheits‐ und Ethnomedizin mit Praxis am Steinhuder Meer. „Frauen, die sich innerlich gegen die neue Lebensphase auflehnen, reagieren mit einer dauerhaft erhöhten Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin. Der mentale Widerstand löst Stress aus und verstärkt die Säureproduktion erheblich“, so der Autor des Buches „Die Ethno‐Health-Apotheke“ (ab Juni im Via Nova Verlag). Zwar sind die entgiftenden Organe Haut, Leber, Niere, Darm und Lunge in der Lage, einen großen Teil der sauren Stoffwechselprodukte abzupuffern und auszuleiten. Bei chronischer Säurebelastung ist das System jedoch irgendwann überlastet. Dann werden die überschüssigen Säuren nicht mehr ausgeschieden, sondern in Bindegewebe, Muskeln und Gelenken eingelagert.
Nicht immer sind die Anzeichen so deutlich wie beim Sodbrennen, dem bekanntesten Symptom einer Übersäuerung. Dabei steigt überschüssige Magensäure durch die Speiseröhre auf und verursacht ein unangenehmes Brennen im Brust‐ und Rachenraum. Auch unspezifische Veränderungen wie fahle, unreine Haut, Cellulite, Haarausfall, Gewichtszunahme oder häufige Entzündungen und Infekte können ein Hinweis auf einen gestörten Säure‐Basen‐Haushalt sein. „Etwa ab Mitte vierzig beginnt für Frauen der langsame Prozess der Hormon‐ und Stoffwechselumstellung, der mit einer nachlassenden Nierenfunktion einhergeht. Auch Darm und Leber arbeiten mit dem Absinken der Östrogenproduktion nicht mehr so effektiv wie vorher“, berichtet Sabine Wacker. „Frauen, die jetzt ihre alten Ess‐ und Bewegungsgewohnheiten beibehalten, steuern beinahe automatisch in die Übersäuerung.“
Eine einfache Möglichkeit, den Säure‐Basen‐Status selbst zu überprüfen, bietet die Messung des pH‐Werts im Urin. Dazu braucht man entsprechende Indikatorstreifen aus der Apotheke, auf denen man jeweils direkt vor und etwa eine Stunde nach den Mahlzeiten den pH‐Gehalt des Urins ablesen kann. Alle Werte unterhalb der Maßzahl 7 (auf einer Skala von 0 bis 14) zeigen ein saures Milieu, alle Werte über 7 ein basisches Milieu an. Schwankungen sind dabei ganz normal und morgens liegen die Werte meist im sauren Bereich, da der Organismus über Nacht verstärkt Säuren verstoffwechselt. „Die Selbstmessung im Tagesprofil gibt erste Hinweise auf eine Übersäuerung, nämlich dann, wenn die Werte nach den Mahlzeiten nicht deutlich basischer als vorher ausfallen“, erklärt Sabine Wacker.
Wer allerdings regelmäßig Präparate mit Acetylsalicylsäure (ASS), Vitamin C oder Basenpulver einnimmt, erhält keine zuverlässige Messung, denn diese Stoffe verfälschen das Test‐Ergebnis. Mit speziellen Laboruntersuchungen beim Arzt, die man in der Regel selbst zahlen muss, lässt sich der Säureüberschuss ebenfalls nachweisen: „Man kann unter anderem Entzündungsparameter und den Hormonspiegel im Blut messen oder auch ein Stressprofil erstellen, das den Grad der Cortisolausschüttung, eines weiteren Stresshormons, anzeigt“, so Dr. Ingfried Hobert. Oft kommen Alternativmediziner und Heilpraktiker der Säureflut aber auch ohne Blutabnehmen auf die Spur. Sie lesen die Symptome nach traditioneller chinesischer Antlitz‐, Iris‐ und Pulsdiagnose im Gesicht und am Pulsschlag ab.
Fehlen tatsächlich Basen zur Balance, gibt es glücklicherweise viele Möglichkeiten gegenzusteuern. Der Check des Speiseplans ist ein guter Anfang: zum Frühstück helles Brötchen mit Marmelade, mittags Spaghetti Bolognese, zwischendurch Cola und abends Käsebrot? Da tummeln sich jede Menge Säurebildner, die Sie zumindest teilweise durch Basenlieferanten ersetzen oder neutralisieren können. Vollwertiges und überwiegend vegetarisches Essen mit viel Obst und Gemüse wäre ideal, um gut gewappnet durch die Wechseljahre zu kommen und die häufig träge Verdauung anzukurbeln.
Schon nach vier Wochen Ernährungsumstellung zeigen sich erfahrungsgemäß erste Erfolge – vor allem, was Haut und Bindegewebe betrifft. Viele Frauen spüren mit sinkendem Östrogenspiegel, wie die Haut trockener, faltiger und schlaffer wird. Basenreiche Lebensmittel helfen dabei, Säuren aus dem Bindegewebe auszuleiten und es wieder straffer zu machen. Noch wichtiger ist der stärkende Effekt auf die Knochen. „Sie sind unser größter Basenspeicher“, sagt Heilpraktikerin Sabine Wacker. „Ein Zuviel an tierischen Eiweißen und anderen Säurebildnern aus der Nahrung verschlechtert die Aufnahme des Knochenbaustoffs Kalzium.“
Und weil das Nachlassen der Östrogenproduktion sich ebenfalls negativ auf die Knochendichte auswirkt, ist basische Ernährung ein ganz wichtiger Beitrag zum Schutz vor Osteoporose. Außerdem empfiehlt Ganzheitsmediziner Hobert basische Heilpflanzen, die Frauen in dieser unruhigen Phase – im wahrsten Sinne des Wortes – erden: „Aus Sicht der traditionellen chinesischen Medizin bringen die Wechseljahre häufig das Erdelement aus dem Gleichgewicht. Da helfen Kräutertees und Pflanzenpräparate aus der Erde: etwa Wurzelextrakte wie Ginseng, Ashwagandha oder mongolischer Astragalus.“ Die kauft man am besten als Pulver in Bio‐Qualität, trinkt sie morgens und abends, je einen Teelöffel in Flüssigkeit eingerührt, und fördert so die Entsäuerung.
Neben der Ernährung gibt es zwei Faktoren, die Frauen in den Wechseljahren „sauer“ machen: „Zu wenig Bewegung und fehlendes Selbstbewusstsein. Deshalb sind regelmäßiger Ausdauersport und die Auseinandersetzung mit der neuen Rolle als Frau so wichtig“, sagt Sabine Wacker. Sport baut Stresshormone ab und hebt die Stimmung, er vertieft die Atmung, was der Lunge beim Entgiften hilft, und er fördert die Durchblutung und so die Aktivierung aller inneren Organe. Dafür sollte man mindestens dreimal pro Woche für 30 Minuten beim Laufen, Fahrradfahren oder Schwimmen in Schwung kommen.
Schwieriger, als regelmäßige Sporteinheiten in den Alltag zu integrieren, ist es für die meisten Frauen, mit dem veränderten Selbstbild klarzukommen.
Das Ende der fruchtbaren Jahre akzeptieren, erwachsene Kinder ziehen lassen, die eigenen Eltern altern sehen – der Begriff der Wechseljahre passt nicht nur auf die körperliche Umstellung, sondern auf alle anderen Begleiterscheinungen dieses Lebensalters. „Basisch leben bedeutet dann auch: annehmen, was ist, achtsamer mit sich selbst umgehen und, so oft es geht, ganz zu sich kommen“, so Sabine Wacker. Deshalb hat die Heilpraktikerin ein Programm für eine kurze Auszeit mit basischer Kost zum Auftanken entwickelt. Ist keine Zeit für einen Urlaub oder ein verlängertes Wochenende, dann sollte man jeden Tag eine halbe Stunde für sich einplanen – für Meditation, ein gutes Buch oder eine Runde zügiges Um‐den‐Block‐Gehen. Die Hauptsache ist, kurz abzuschalten und etwas für die innere Balance zu tun.
Das macht körperliche und psychische Wechseljahresymptome grundsätzlich leichter erträglich. Ingfried Hobert gibt zwar zu bedenken, dass „Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen wahrscheinlich nie ganz ausbleiben werden, auch wenn der Säure‐ Basen‐Haushalt ausgeglichen ist“. Aber dann können pflanzliche Heilmittel, in Absprache mit dem Arzt, eine gute Lösung sein: Extrakte aus Jamswurzel (z.B. als Kapseln), Rotklee (z.B. als Tee) oder Traubensilberkerze (in Produkten wie „Remifemin“) wirken besonders harmonisierend. Sicher ist: Wer auf sich und seinen Körper achtet und sich Zeit für sich nimmt, ist auf dem richtigen Weg.
Tierisches Eiweiß reduzieren, mehr Obst und Gemüse auf den Tisch bringen – damit ist der Anfang gemacht. Auch ein reiner Basen-Tag pro Woche bremst die Übersäuerung aus.
Fleisch, Geflügel und Wurst, vor allem Gebratenes und Gepökeltes, Fisch, Milch, Ei, Hülsenfrüchte, Erdnüsse, Getreide, Kuchen und Gebäck, Kaffee, Alkohol, Softdrinks
Obst und Gemüse (bis auf Artischocken, Mais und Rosenkohl), Kartoffeln, frische Kräuter, Keimlinge, Salat, Oliven, Erdmandelflocken, Mandeln, Kräutertee, Brottrunk
Schwitzen fördert das Entsäuern über die Haut. Wer hinterher Wasser mit Basenpulver trinkt, unterstützt den Säure-Basen-Haushalt zusätzlich. Gibt es in Drogerien und Apotheken, ein Teelöffel auf 200 ml Wasser genügt.
Kalium sulfuricum, das Schüßler-Salz Nr. 6 von DHU oder Pflüger, wird zur Entgiftung empfohlen. Dreimal täglich eine Tablette vor den Mahlzeiten im Mund zergehen lassen (Potenz D6).
Im körperwarmen Badewasser das Produkt (z.B. „Vital” von Pascoe) au ösen und 30 Minuten entspannen. Beim Messen mit dem pH-Indikatorstreifen sollte der Wert des Wassers nach dem Baden deutlich saurer sein als zuvor.