Auch die Zähne kommen nicht unbemerkt durch die Wechseljahre. So lassen sich hormonell bedingte Beschwerden an Zahnfleisch und Zähnen lindern.
Eigentlich sieht es schon von Geburt an gut aus für unsere Gesundheit. Weibliche Babys sind seltener krank, Mädchen haben nur halb so häufig chronische Krankheiten wie Jungen und erwachsene Frauen pflegen einen vernünftigeren Lebensstil als Männer und haben deshalb durchschnittlich fünf Jahre länger zu leben.
Bei den Zähnen allerdings, da liegen die Dinge anders. Die Wechseljahre machen das Zahnfleisch weicher. „Man kann durchaus vom schwachen Gebiss sprechen“, sagt Dr. Christiane Gleissner, Zahnärztin aus Reichelsheim und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für geschlechterspezifische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Die genauen Ursachen dafür sind nicht so leicht auszumachen, denn eigentlich achten Frauen viel genauer auf ihre Mundhygiene als Männer, putzen sorgfältiger und gehen häufiger zum Zahnarzt.
„Wir wissen, dass sich im Zahnfleisch Hormonrezeptoren für Östrogene und Progesteron befinden. Es besteht also eine Wechselbeziehung zwischen Hormonspiegel und Zahnfleisch.“ Hormonelle Schwankungen wirken sich daher direkt auf die Zahn- und Mundgesundheit aus. So kommt es bereits während Pubertät und Schwangerschaft häufiger zu Problemen. Wenn durch die Wechseljahre die schützende Wirkung des Östrogens nachlässt, haben viele Frauen verstärkt mit oberflächlichen Zahnfleischentzündungen zu kämpfen, Gingivitis genannt.
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„Das Zahnfleisch ist normalerweise straff und rosarot“, sagt Dr. Christoph Sliwowski, Chefarzt der Zahnimplantatklinik im Düsseldorfer St.-Vinzenz-Krankenhaus. „Wenn in der Menopause das Bindegewebe an Festigkeit verliert, wird auch das Zahnfleisch weicher, weniger gut durchblutet und damit durchlässiger für Bakterien.“ So kann oft ein Teufelskreis entstehen: Ist das Zahnfleisch durch die Entzündung geschwollen und gerötet, blutet es viel schneller. Viele Frauen putzen dann weniger gründlich, aus Angst, dass es noch mehr blutet. So allerdings werden Speisereste und Bakterien nicht restlos entfernt, es bildet sich leichter Plaque – und die Gingivitis kann sich ausweiten und zu einer tiefer gehenden Parodontitis werden. Und das heißt irgendwann: kein Halt mehr, lockere Zähne, sogar Zahnverlust … Je später die Wechseljahre beginnen, desto besser also für die Zähne? Zumindest profitiert man länger vom Schutz des Östrogens. „Wir wissen aus kleineren Studien, dass unter einer Hormonersatztherapie die Zähne länger halten“, sagt Dr. Gleissner, „aber das ist heute kein Argument mehr für Hormone.“
Die Wechseljahre wirken sich aber noch in weiteren Bereichen aus: Die Schleimhäute werden trockener, es fließt weniger Speichel. Frauen produzieren sowieso schon weniger von dem Sekret als Männer. Dabei ist es für die Zahngesundheit immens wichtig: Speichel spült, schützt, repariert, härtet die Zähne und neutralisiert schädliche Säuren. Unter dem Hormonabfall verstärkt sich das Problem. „Gerade an frei liegenden Wurzeloberflächen können sich dann Kariesbakterien leichter anheften“, sagt Dr. Gleissner. Auch Medikamente sind häufig (mit) schuld – Antidepressiva oder Bluthochdruckmittel reduzieren den Speichel zusätzlich, genauso Rheumaerkrankungen.
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Hilfreich ist, viel zu trinken und vor allem „kau-aktive“ Nahrung (etwa Vollkornbrot, Gemüserohkost, Äpfel) zu bevorzugen – das regt den natürlichen Speichelfluss an. „Rauchen ist absolut kontraproduktiv“, so Dr. Gleissner, „das Gleiche gilt für Stress. Da bleibt uns im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke weg.“ So wie es für trockene Augen künstliche Tränen gibt, gibt es übrigens Speichelersatzmittel. Auch von unangenehmem Zungenbrennen sind vor allem Frauen 40plus betroffen. Den genauen Mechanismus kennt man noch nicht, die Wissenschaftler vermuten auch hier eine hormonelle Ursache. „Manchen hilft es schon, auf eine Zahnpasta ohne Tenside umzusteigen“, sagt Dr. Gleissner. Schließlich kann sich auch ein hormonbedingter Knochenabbau nachteilig auf den Kiefer und in der Folge auf die Verankerung der Zähne auswirken. Auch hier haben Frauen per se weniger Substanz aufzubieten als Männer…
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Was stoppt diese Spirale? Vor allem die Einsicht, dass man sich ab 40 mehr um seine Zahngesundheit kümmern muss. „Zahnbetterkrankungen tun lange nicht weh. Wenn Schmerzen auftreten, sind die Entzündungen meist schon massiv“, warnt Dr. Gleissner. Also sollte man in Absprache mit dem Zahnarzt regelmäßig zu Kontrolle und Zahnreinigung (Sitzung ca. 90 Euro) gehen. „Gerade die Neigung zu Zahnstein ist individuell“, sagt Dr. Sliwowski, „es liegt an den Genen, der Mundhygiene, aber auch an Umweltfaktoren wie dem Wasserhärtegrad. Je härter, desto mehr Zahnstein – und der hat an den Zähnen nichts zu suchen.“ Ansonsten ist penible Mundhygiene gefragt. „Lieber einmal am Tag sehr sorgfältig putzen, als zwei- oder dreimal oberflächlich“, sagt Dr. Sliwowski, „zumal Plaque nicht schon innerhalb von 24 Stunden hart wird.“ Zur Prophylaxe eignen sich Zahncremes mit Anti-Plaque-Schutz, sodass sich Bakterien schlechter anheften können (z. B. Dr. Wolff’s Biorepair).
Sind elektrische Zahnbürsten den manuellen heute überlegen? Für Dr. Sliwowski auf jeden Fall. Er empfiehlt eine elektrische Ultraschallbürste, sie brauche kaum Druck und schone das Zahnfleisch. Oder die neuen Kombigeräte aus Zahnbürste und Munddusche, da wären die Interdentalbürstchen beinahe überflüssig. Frau Dr. Gleissner setzt auf individuelle Lösungen. „Manche können manuell top putzen. Ich sehe aber auch Patientinnen, die es zu gut meinen und sich das Zahnfleisch quasi wegschrubben. Das lässt sich elektrisch leichter vermeiden.“ Neben Interdentalbürstchen (ein guter Zahnarzt empfiehlt die passende Größe) und Zahnseide helfen Mundspülungen, Zahnzwischenräume sauber und Keime in Schach zu halten. Dabei muss es nicht immer Chemie wie Chlorhexidin sein. „Bei dauerhafter Anwendung können sich die Zähne verfärben“, sagt Dr. Sliwowski. Die Experten raten, mit entzündungshemmendem Salbeitee oder Salzlösung zu spülen (1 Teelöffel Salz auf 1 Glas Wasser).
Und wenn bereits Entzündungsherde da sind? „Heute haben wir viele Möglichkeiten, Zähne möglichst lange zu erhalten“, sagt Christiane Gleissner als Spezialistin für Parodontologie. „Wir können etwa Wurzelglättungen durchführen, entzündete Zahnfleischtaschen mit Laser oder Ultraschall behandeln und antimikrobielle Wirkstoffe einsetzen.“ Neben der Pflege sollte man zusätzliche Reizungen, so gut es geht, vermeiden. „Verzichten Sie daher vorübergehend auf Nikotin, Alkohol, starke Gewürze, Essig, Senf und harte Krustenbrote, um das Zahnfleisch zu schonen“, rät Dr. Sliwowski.
Aber: Entzündungen belasten den Organismus. „Wenn man die betroffenen Stellen zusammennimmt, kommt man leicht auf die Größe eines Handrückens“, sagt Dr. Gleissner, „und da muss definitiv gehandelt werden.“ Sonst kann sich das Problem auf den ganzen Körper auswirken: So haben etwa Parodontitis-Patienten dreimal häufiger eine rheumatische Arthritis als Menschen mit gesunden Zähnen, darüber hinaus gibt es Wechselwirkungen zwischen Diabetes und Parodontitis.
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